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Dienstag, 31. August 2010

Der "Oil-Peak" - nicht der einzige

So eben bin ich über einen Artikel gestolpert, das der Presse eine Bundeswehrstudie zu Versorgungsengpässen mit Öl zugespielt wurde. Diese Studie, deren Existenz inzwischen bestätigt ist, neigt zur Schwarzmalerei. Sie rechnet damit, das der sogenannte Oil-Peak erreicht ist oder bald erreicht wird. Das ist der Punkt, ab dem die Ölgewinnung rückläufig ist, ihren Höhepunkt also überschritten hat. Will man das Förderungslevel halten muß man immer unrentablere Fördermethoden und Vorkommen in Kauf nehmen. Und irgendwann reicht das auch nicht mehr.
Die Bundeswehrstudie rechnet deshalb in absehbarer Zeit (in etwa 15 und mehr Jahren) mit Versorgungsengpässen. Die Staaten mit Ölvorkommen werden ihre bessere Verhandlungsposition ganz anders ausspielen, zugleich könnten die Märkte ab einem bestimmten Punkt zusammenbrechen. Soziale Konsequenzen und vielleicht auch Gefahren für die Demokratie sind die Folge.
So, grob zusammengefaßt, die Szenarien. Details im verlinkten Artikel.

Nun ist der Oil-Peak schon seit ein paar Jahren immer mal wieder in der Presse. Das erste Mal wirklich bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren durch den Club of Rome, als dieser ein Ende der Ölvorräte für einen Zeitraum berechnete, den wir längst hinter uns haben...und wir fahren immer noch Auto mit Benzin. Deshalb sind viele Leute skeptisch. Bislang haben uns technologische Neuentwicklungen und wissenschaftliche Entdeckungen und Ressourcenexploration immer noch den Arsch gerettet.
Nun, in letzter Zeit ist die Lage wie seit ein paar Jahren berichtet wird, kritischer. Zum einen wird kaum noch neues Öl gefunden, zum andern werden China, Indien und andere aufstrebende Staaten bald mit dem Westen konkurrieren und damit wächst die Nachfrage rascher als das Angebot (welches ja sogar sinkt).
Deshalb sind sich - am grünen Tisch  zumindest - eigentlich alle einig: Wir müssen weg von dem Zeug.
In der Praxis jedoch tun sich da alle immer noch schwer. Bekanntermaßen. Die Realitätsverleugnung ist grandios. Respekt daher an die Bundeswehr für den Mut ihrer Prognosen.

Aber....das Problem ist eigentlich noch größer. Während alle vom Oil-Peak reden, verdrängen die meisten, daß es noch mehr Peaks gibt. Wir sind umgeben von einem Gebirge an Peaks. Das alle fossilen Energierohstoffe ziemlich endlich sind (also auch Kohle und Gas) ist den meisten ja noch klar. Da hörts aber auf.
Ich möchte kurz ein Szenario skizzieren, das es wirklich so gegeben hat.

Jeder kennt ja Wikinger. Streitaxt, Schwert, Helm, Kettenhemd, etc. Das Schiff mit eisernen Nägeln zusammengehalten. Prinzipiell findet man ziemlich viel Eisengegenstände an Wikingerfundstätten. Bis auf eine Ausnahme.
Grönland. Auf Grönland gab es die abgelegenste dauerhafte Wikingerkolonie im Nordatlantik, bevor sie nach etwa vier Jahrhunderten ausstarb. Dort findet man in den ältesten Schichten die gewohnten Eisengegenstände. Dann nicht mehr. Die meiste Zeit über war auf Grönland Eisen Mangelware. Für größere Importe war die Kolonie zu abgelegen zu jener Zeit, eigene umfangreiche Vorkommen gab es nicht. Dies führte dazu, daß jeder eiserne Gegenstände immer wieder verwendet wurden und deshalb nicht als Fundstücke in den älteren archäologischen Schichten zurückblieben. Messer wurden bis zu kleinen Stümpfen geschärft um sie möglichst lang zu benutzen. Und als es kein Eisen für Nägel mehr gab, wurden Nägel aus Geweih und Holz gefertigt.
Nach und nach mußten immer mehr Gegenstände, sogar Waffen, statt aus Eisen aus alternativen Materialien gefertigt werden.

Na? Klingt nicht so als hätte das was mit uns zu tun - oder? Irrtum.
Eine so hochtechnisierte Gesellschaft wie unsere, die sich immer weiter technisiert, ist von mehr abhängig als von Öl, Kohle und Gas. Bleiben wir bei der Energie. Uran. Die Atomindustrie will sich als dauerhafter Ersatz anbieten für die fossilen Rohstoffe. Den wenigsten ist bewußt, was die Atomlobby dabei ausläßt - das auch die Uranvorkommen sehr endlich sind. Zwei erhoffte große Vorkommen in Kanada und Australien stellten sich inzwischen als Enttäuschung heraus. Weshalb man derzeit von weniger Reserven ausgeht wie noch vor 10 Jahren. Mal ganz abgesehen von den Umweltproblemen bei Förderung und Entsorgung könnte es auch bei Uran sein, daß die Reserven bei einer ausschließlichen Kaprizierung unserer Volkswirtschaften auf Atomenergie dieses Jahrhundert NICHT überleben werden. Der Uran-Förderpeak war ebenfalls auch schon, derzeit wird weniger gefördert als zu Zeiten des Kalten Krieges (damals vor allem für Bomben). Sicherlich kann man die Förderung nochmal forcieren, aber dann halten die Vorräte weniger lang.
Dies gilt auch für vieles andere. Seltene Erden und Metalle wie Lithium, Gallium, Germanium, Coltan etc. besitzen ziemlich endliche Vorräte. Eigentlich fast alles, was wir dringend brauchen für unsere Computer, Handys, etc. Für jeden Rohstoff tickt eine andere Uhr, aber absehbar ist das alles.
Bei einem Teil wird die Uhr sicherlich nochmal nachgestellt durch die Entdeckung neuer Vorkommen (wie kürzlich von Lithium, Kupfer u.a. in Afghanistan).
Aber diese liegen wahrscheinlich nur noch in entlegenen oder instabilen Gegenden (oder wie würde man Afghanistan sonst beschreiben? Oder den Kongo? Ballermann paßt höchstens als sarkastisches Wortspiel).
Und außerdem gilt hier wie fürs Öl: Die Konkurrenz durch China, Indien etc. wird härter.

Unterm Strich heißt das, daß der Oil-Peak nur ein lauer Vorgeschmack ist. Der Anfang einer ganzen Welle.
Selbst wenn wir annehmen, daß die Wissenschaft uns nochmal Zeit verschafft, müssen wir unseren Umgang mit unseren Rohstoffen ganz grundsätzlich überdenken, oder es geht uns irgendwann erst recht wie den Wikingern auf Grönland. Die Gefahren, die aus der Endlichkeit aller Rohstoffvorkommen erwachsen, sind langfristig gefährlicher als der Klimawandel.
Und kein Mensch spricht drüber.
Und selbst bei einer Studie zum Oil-Peak wird versucht die düstersten Szenarien unter Verschluß zu halten...denn die Studie wurde durchgestochen, die war nicht für die Presse gedacht.

Das Gegenteil wäre nötig. Das solche Studien endlich öffentlich präsentiert und diskutiert werden. Aber bisher scheuen sich die Politiker, darüber mit ihren Wählern zu sprechen. Denn um hier lebenswichtige Änderungen vorzunehmen müßte man dem Bürger mehr Veränderungen noch abverlangen als für den Klimawandel - und schon da klappts ja nicht wirklich. Damit riskiert man aber, daß es vielleicht irgendwann so sein wird, daß sich nur noch die oberen 10000 metallene Gegenstände leisten können.
Das wären dann wirklich interessante Zeiten.

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