Gästebuch

Montag, 2. Mai 2011

Warum man sich nicht über Bin Ladens Tot freuen sollte

Eins vorweg: Wer immer hier Anhänger von irgendwelchen Verschwörungstheorien ist, daß Bin Laden nur eine Erfindung war, daß er nicht verantwortlich für den 11. September war und nicht die Qaida gegründet hat etc....ach, klickt weiter oder schlürft eure Drinks. Der Rest hier wird für euch so furchtbar langweilig sein. Von mir habt ihr keine Zustimmung zu erwarten. Ich bin schon vor langer Zeit zum Schluß gekommen, das ich mein Gehirn lieber weiter benutze. Danke.

So, nun aber zum Thema...schon gehört? Osama bin Laden ist tot. Erschossen im Feuergefecht mit einem US-Special Forces Kommando aus Navy Seals. Erstmal: Glückwunsch an den Schützen! Haben die Amis tatsächlich mal was hingekriegt. Hat ja nur fast 10 Jahre gedauert. In New York wird jetzt gefeiert. Kann ich verstehen.

ABER: Es gibt doch einige Gründe, sich nicht zu sehr über diesen Tod zu freuen. Denn wichtige Fragen werden damit unbeantwortet bleiben - was dem Normalbürger vielleicht egal ist, den Juristen und Historikern aber nicht unbedingt.
Ein lebender Osama bin Laden hätte einige Frage zu den letzten Jahren beantworten können. Z.B. aus dem Innenleben der Qaida (so er denn gewollt hätte). Welche Anschläge gingen wirklich originär auf ihn zurück, welche mehr auf Sympathisanten und untere Knallchargen? Wo trieb er sich in all den Jahren rum? Wirklich zeitweise in den Stammesgebieten in Höhlen oder schon immer in dieser größeren Vorstadt von Islamabad? Wenn letzteres - wieviel Hilfe hatte er von der pakistanischen Regierung? Es ist schwer zu glauben, daß der ISI - der pakistanische Geheimdienst - nix gewußt haben soll. Es ist ein ganzes Bündel an miteinander verwobenen Fragen, die künftig damit wohl niemals endgültig aufgeschlüsselt werden können (außer man erwischt Sawahiri, Bin Ladens Stellvertreter, lebend oder Bin Laden hat irgendwo eine Autobiographie versteckt oder die Amis haben sich vertan).
Andere Fragen sind sehr konkret und werden uns von der Zukunft beantwortet werden:
Wie wird die Qaida reagieren? Mehr Anschläge wieder? Oder wird sie stärker geschwächt sein? Oder versucht sie erneut einen Bürgerkrieg in Pakistan anzufachen? Dieser war in den letzten Monaten erst wieder etwas abgeflaut, aber nun...die Islamisten werden sich fragen, wie es möglich war, daß US-Soldaten auf pakistanischem Boden so handeln konnten. Sie werden zum Schluß kommen, daß die eigene Regierung es entweder erlaubt hat oder unfähig ist es zu verhindern. Mehr Munition um eine von der Regierung enttäuschte, antiamerikanisch eingestellte Bevölkerung aufzustacheln braucht man eigentlich nicht.

Und ein Bürgerkrieg in Pakistan mit seinen Atomwaffen bleibt ein Schreckensszenario.

Die direkte operative Bedeutung dieses US-Erfolgs ist wohl eher überschaubar. Die propagandistische schon größer. Die Botschaft: Auch wenn sich jemand für seine Verbrechen 10 Jahre lang versteckt, wir erwischen ihn.
Gerechtigkeit? Nun ja, wie man es sieht. Viele hätten sich einen Gerichtsprozeß gegen Bin Laden gewünscht. Ob das die Sache besser gemacht hätte...naja, es hätte vielleicht mehr Fragen von oben beantwortet. Andere argumentieren, Bin Laden wäre ja quasi Kombattant gewesen....auch das ist völkerrechtlich nicht ganz zweifelsfrei. Aber vielleicht sollte man es so sehen: Bin Laden durfte - nicht aus Gründen der Sache, sondern auch aus eigenem Anspruch - lieber im Gefecht gefallen sein als auf der Giftspritzenpritsche zu verrecken. Was ich selber nachvollziehen kann. So gesehen, ist seine Erschießung bei der Kommandoaktion vielleicht das letzte "Geschenk" seitens seiner Feinde gewesen.
Aber Gerechtigkeit in dem Sinne...manche New Yorker werden es so empfinden. Es ist wohl so gerecht und ungerecht wie das meiste im Leben...irgendwo dazwischen. Allgemein finde ich, sollte man sich nicht über den Tod eines Menschen freuen, so verständlich mangelndes Bedauern sein kann.

In einem bin ich mir sicher. Es wird reichlich Leute geben, die Bin Ladens Tod nicht wahrhaben wollen werden...zugegeben, wer weiß ob es nicht am Ende doch ein Irrtum war...aber gehen wir mal davon aus, daß es stimmt. Dann wird Bin Laden der neue Elvis werden. In der Tat kenn ich da einen aus der Kölner U-Bahn, der genau so aussieht...also wie Bin Laden. Nicht wie Elvis. Denn Elvis ist tot.

1 Kommentar:

  1. Wie du selbst schon sagst, hätte ein lebendiger Osama Bin Laden womöglich einige Antworten geben können, deren Fragen nun weiterhin die Menschheitsgesichte quälen werden/lassen/sollen. Weshalb ich die Aktion auch als gescheitert werte, denn ein toter Terrorist bedeutet nicht das Ende einer Bewegung, denn sie ist nicht die Wurzel, die tief im Verborgenen die Leute beeinflusst, bis sie jemand wie Osama werden.

    Ich selbst bin äußerst skeptisch ggü. dem 9/11-Drama - von vorn bis hinten stinkt das. Und die Amis haben mit ihrer mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Aktion einmal mehr dafür gesorgt, dass ich noch weniger der amerikanischen Elite als bereits zuvor traue. Noch mehr schürt es eher die Wut ggü. diesem System.

    Allzu heuchlerisch zeigte sich zudem unsere Kanzlerin, bei der man sich einmal mehr fragen durfte, inwieweit ihr positiver Audruck ggü. der Tötung Bin Ladens sich mit dem C ihrer Partei und überhaupt den simpelsten Menschenrechten vereinbaren lässt. Die Amerikaner haben ein anderes Verständnis, was man so tolerieren soll, doch in Deutschland hat man darauf geschworen, die Würde eines jeden Menschen unangetastet zu lassen - insofern lässt sich die gezielte Tötung eines Menschen, gleichwohl ob Zivilist oder Massenmörder, nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren und ich begrüße es überhaupt nicht, wenn von oberster Stelle ein Prinzip gutgeheißen wird, was eklatant unseren Werten widerspricht.

    Ich hätte mir für Osama eine ordentliche Verhörung gewünscht, wie damals bei den Nürnberger Prozessen. Das war ergiebig, das war fair und beantwortete viele Fragen, wenngleich es auch viele unangenehme aufwarf. Bei der Bin Laden-Aktion glaube ich, dass genau dies verhindert werden sollte.

    Amüsant, wie die Großmacht Amerika vor einem irren Terroristen zittert. Und nach der amerikanischen Philosophie ballert man dann eben ab, was einen fürchtet.

    Zumindest soweit sind wir hier in D noch nicht gelangt. Und das ist auch gut so.

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