In Köln ticken die Uhren anders...hört man zumindest immer wieder. Für den Karneval gilt das definitiv, aber auch im sonstigen Jahr hat man manchmal so seine Momente, wo man sich denkt, der ein oder andere kölnische Mitbürger hat zu tief ins Kölschglas geschaut.
In den letzten Wochen wurde Köln Schauplatz einer sicherheitspolitischen Posse, die es so in München z.B. wohl nicht gäbe.
Es geht um Überwachung. Der geneigte Leser weiß sicherlich was ich meine: Das oft diskutierte Thema, wieweit man die Bürger überwachen darf, z.B. mit Kameras, um sie mutmaßlich vor Kriminalität zu schützen. Zumindest erleichtert das die Aufklärung von Delikten. In England ist das ja längst gang und gäbe. London ist diesbezüglich inzwischen totalüberwacht.
Wir Deutschen kennen dies zumindest von Bahnhöfen und öffentlichen Gebäuden.
So hat sich auch niemand was dabei gedacht, das die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) in den U-Bahnstationen Kameras installiert. In den Straßenbahnen selbst gibts die ja auch schon. Niemand dachte sich was dabei.
Bis der Ernstfall eintrat. Ein Obdachloser wurde totgeschlagen. In einer U-Bahnstation.
Und die Polizei kam auf den naheliegenden Einfall, die KVB nach den Kameraaufnahmen zu fragen.
Die KVB muß sich aber gedacht haben, die Polizei müsse völlig irre sein. Denn Aufnahmen gab es angeblich nicht. Und ganz Köln fragte sich fortan: WIE BITTE? Die Debatte darum beschäftigt die U-Bahn-Nutzer Kölns nun seit bestimmt drei Wochen. Die Informationshäppchen der KVB lassen sich in folgende Phasen einteilen:
1. Es gibt keine Aufnahmen. Die Kameras hängen zwar da, sind aber nicht eingeschaltet.
2. Ach, aber wenn man am Notrufterminal in der U-Bahnstation auf den Knopf drückt werden die Kameras eingeschaltet! Ah, so ist das! Bringt im vorliegenden Fall aber nix.
3. Wir erwägen die Kameras einzuschalten.
4. Wir haben Aufnahmen des Verbrechens gefunden. Als unsere Techniker die Kameras für den Dauerbetrieb bereit machen wollten, stellten wir fest, daß sie doch am besagten Tag testweise eingeschaltet waren (!).
5. Die Kameras werden künftig eingeschaltet und Mitarbeiter werden die Live-Übertragungen verfolgen.
Andernorts machen sich die Leute Sorgen, zu sehr überwacht zu werden. Hier in Köln muß man fürchten, daß Überwachung nur vorgetäuscht wird und man das auch noch ausbaden darf. Vor allem wenn die da oben nichtmal merken, daß sie doch überwachen...äh...ja, willkommen in Absurdistan.
Für die Mitverfolgung der Liveübertragungen werden immerhin dann sicher neue Mitarbeiter eingestellt, was die Zahl der hiesigen Arbeitslosen verringert. Allerdings darf man sicher sein, daß man das dafür erforderliche Geld dann am Fahrkartenautomat blechen darf. Wir KVB-leidgeprüften Kölner kennen das ja.
Und übrigens: Nachdem die dann doch entdeckten Aufnahmen von der Polizei ausgewertet und zur Fahndung verwendet worden waren, wurde einer der Täter binnen Tagen festgenommen. Jetzt muß man nur noch hoffen, daß man keinen zu pädagogisch veranlagten Richter für diesen Fall einsetzt...
Willkommen in Köln. Hier ticken die Uhren...pardon: die Kameras anders!
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