Gästebuch

Sonntag, 17. Oktober 2010

Rechts um, Leitkultur - marsch, marsch!

"Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein - Multikulti ist tot."

Sprach der Horst und die Angie (ja, wir sollen ja tatsächlich eine BundeskanzlerIN haben) sekundierte fröhlich.
Ich dachte ja mal, wir wären schon weiter gewesen. Da hat der Horst sogar ein, zwei gute Ideen in seinem Punkte-Programm zur Integration - und redet dann wieder so einen Unsinn...pardon: Schmarn. Er ist ja in Bayern. Auch das Merkel des Bundespräsidenten-Wort vom Islam als Teil Deutschlands ebenso unterstützte ist praktisch völlig untergegangen. 
Beiden ist aber nicht aufgegangen, daß nicht Multikulti tot ist - sondern das Verständnis davon, was Multikulti ist. So wie Grüne und Linke das in den 80er und 90er Jahren den Begriff verstanden, ist er tatsächlich tot. Das wir aber verschiedene kulturelle Strömungen in unserem Land haben, die wir unter einen Hut kriegen müssen, das bleibt Fakt.

Und so rudert die CSU mit einem Motorboot zurück in die Zeiten der Ignoranz und wir haben nun also wieder eine Debatte, die ich längst hinter uns wähnte:
Deutsche Leitkultur.

Entschuldigung, der gute Pirat ist verwirrt, was ist denn bitte die deutsche Leitkultur? Das konnte mir immer noch keiner erklären.

Die deutsche Sprache? Hmmm...wenn ich als Kölner in Bayern bin brauch ich oft ein Wörterbuch. Eigentlich sogar schon in der Eifel. Das wir halbwegs alle das selbe reden ist kommunikativ so oder so wichtig. Das schießt mir oft durch den Kopf, wenn so nen 15jähriger deutsche Möchtegernmafiosie da vor mir steht und mit seinem Großstadtdschungel-Denglisch loslegt. Bitte, liebe Migranten - das nicht zum Vorbild nehmen (ich weiß, die Bitte kommt bei der hier aufgewachsenen Fraktion oft zu spät).
Ich bin durchaus dafür, daß alle die hier leben gut deutsch können, das ergibt sich aber aus schlichter Logik, nicht aus einer Ideologie namens Leitkultur.

Das Grundgesetz? Wenn man einen juristischen Text als Kultur nehmen will von mir aus gerne. Nur verstehe ich nicht, was an Grundrechten und Demokratie explizit Deutsch ist. Ich bin sehr dafür, daß das Grundgesetz uns den Rahmen des Zusammenlebens vorgibt (was es auch tut, wir müßen es nur umsetzen), aber eben auch deshalb, weil die Werte des Grundgesetzes für mich sehr universal sind. Nicht zuletzt weil Menschen-und Grundrechte zumindest in Europa zuerst in einem Land hoffähig wurden, das nicht ganz so mittig war...ach ja, Frankreich!
Also bitte durchaus gerne Einhaltung des Grundgesetzes fordern, was dann aber übrigens auch dann gilt, wenn das unseren hohen Herren nicht so sehr gefällt...

...und da das so ist, hab ich den Verdacht, daran hat der Horst gar nicht gedacht. Z.B. behandelt das Grundgesetz Religionen gleich. Nennt sich ja Religionsfreiheit...das ist für den Horst aber nicht deutsche Leitkultur. Für ihn ist deutsche Leitkultur sicherlich das Christentum (und damit wir uns nicht wie Nazis vorkommen, hängen wir noch immer hektisch schnell "und das Judentum" dran). Komisch. Ich bin Deutscher, meine Eltern auch, meine Großeltern auch (hielten sogar Arsch und Kopf für unseren Chef-Leitkulturler mit dem Bärtchen hin) usw. Nur Christ bin ich dummerweise nicht. Ich bin Atheist. Das Christentum ist für mich so nen historisch ergebenes Anhängsel hier, wie die Nazis und deren ewig gestrigen Neo-Fans. Ich mag zwar Weihnachtsbäume, aber nicht aus christlichen Gefühlen und die Türken in meinem Viertel haben auch häufig einen Weihnachtsbaum. Die finden ihn schön. Wer erfüllt denn jetzt die Leitkultur?
Sollen wir uns ernsthaft unsern Kölner Chef-Hassprediger Meisner zum Vorbild nehmen, der ist übrigens aufm Papier Christ, der Kardinal, der mal verkündete, Homosexuelle müßten aus der Gesellschaft wie eine Krankheit ausgeschieden werden?

Ich suche vergebens nach einer deutschen Leitkultur. Ich mache die Erfahrung eines Nachbarn, der dem Sozialstaat auf der Tasche liegt und meine Familie bedroht hat und damit unintegrierter ist wie die meisten Migranten, die ich kenne. In Sachsen komme ich mir als Rheinländer wie im Ausland vor. Und die hohen Herren, die über Sozialschmarotzer schwadronieren,. hinterziehen selbst Steuern in Liechtenstein. Horst, Du wohnst nicht weit davon, oder?
Und wenn ich schon so mit nem Fragezeichen rumstehe, wie muß es erst einem Zugewanderten ergehen? Dem sein Eindruck wird sein, daß er sich jedes Wochenende mit Bier und anderem Zeug zukippen muß, schließlich wird sowas hierzulande a la Oktoberfest als kulturelles Ereignis gefeiert. Oder ist man erst ein guter Deutscher, wenn man ein paar Inder durch Mügeln prügelt? Solcherlei Deutschtum kann man von mir aus zusammen mit "Scheiß Deutscher!" -und "Deutsche Schlampe!"-gröhlenden jungen Muslimen in eine Zelle stecken und den Schlüssel wegwerfen. 

Horsti, liebe CSU (Corrupt, senile, useless), in Wirklichkeit isses doch so, das ihr sogar einem voll integrierten, perfekt deutsch sprachenden Migranten noch nahelegen würdet, endlich die deutsche Leitkultur zu erlernen. Denn fragt mal solche sogar eingebürgerten Mitbürger...man honoriert ihre enorme Leistung nicht. Man akzeptiert sie in dieser unserer Gesellschaft mit ihrem hohen Dünkel ja doch nicht als angekommen und Deutsche. Sie bleiben die stinkenden Türken und die gröhlenden Araber.
Wen wunderts da noch, das laut Statistik grade die gut integrierten Türken z.B. besonders gern wieder ins Ausland gehen?

Nun ja, das Grundgesetz verbietet Politiker ja nicht die Verlogenheit. Ich warte auf den ersten Einbürgerungswilligen, der sich bei Horst mit dem Deutschlandlied in allen drei Strophen um Aufnahme bemüht...

Die Band Eisbrecher hat das doch mal schön zusammengefaßt: "Stechschritt, Hofbräuhaus - und Sendung mit der Maus!"
Ja, Horst, das isses doch, gell? 

Bin mal gespannt, ob man vielleicht nächstes Jahr dazu übergeht, die Probleme zu lösen, anstatt zu hetzen. 

Yoho, Pirat 
 
 

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