Einer meiner absoluten Lieblings-Kabarettisten, Volker Pispers, stellte ja schon vor geraumer Zeit fest:
Der Deutsche is ein bissel schizo....früher hätte man gesagt: Der Deutsche hängt sein Fähnlein gern in den Wind.
Das läßt sich dieser Tage mal wieder wunderbar beobachten. Und zwar am Libyen-Einsatz zusammen mit Herrn Westerwelle.
Man erinnere sich: Auf Westerwelles Betreiben und Frau Merkels Zuschauen hin hielt sich Deutschland komplett aus der Sache raus (na gut, 11 Deppen haben bei der Zielauswahl geholfen...ein lauer Bürojob). Ebenso erinnere ich mich, daß das im Frühjahr eine deutliche Mehrheit von deutlich über 60 % in den Umfragen für eine gute Idee hielt.
Jetzt wird genau dieser Kurs Westerwelle zum Strick gesponnen und eine überwältigende Mehrheit ist daraus resultierend für seinen Rücktritt. Denn auf nun, ein halbes Jahr später, steht der Einsatz der NATO vor seinem erfolgreichen Abschluß und plötzlich wollense ja alle auf der Seite der Sieger sein, ne?
Liebes deutsches Volk - hallo geht's noch? Es ist ein so typisches Phänomen, daß es ja auf einmal schon immer alle gewußt haben wollten.
Ich kann darüber nur den Kopf schütteln.
Dienstag, 30. August 2011
Mittwoch, 24. August 2011
Todestag von Sophie Lancaster
Das Tavernenteam gedenkt heute - Sophie Lancaster.
Die meisten (oder alle?) Leser werden jetzt fragen: Sophie - WER?
Sophie Lancaster war eine 20jährige Studentin in Lancashire und zusammen mit dem ein Jahr älteren Robert Maltby. Beide waren Gothics, in Deutschland auch schonmal Gruftis genannt.
Am 24. August 2007 wurden die beiden in einem Park von zwei halbstarken Schlägern angegriffen. Zuerst Robert, dann auch Sophie als sie versuchte ihn zu verteidigen.
Beide wurden anschließend schwer verletzt eingeliefert.
Robert überlebte. Sophie nicht. Sie verstarb im Krankenhaus.
Das klingt erstmal nach einem Vorfall wie er oft vorkommt. Das besondere: Die Täter gaben bei den polizeilichen Vernehmungen ganz amtlich an, daß ihr Angriff erfolgte, weil die beiden jungen Leute Gothics waren. Der Haß auf eine andere Subkultur war Motivator.
Klingt bizarr? Zugegeben, gewisse Ressentiments zwischen verschiedenen Subkulturen, meist eher augenzwinkernd, manchmal nen Ticken ernster, hat es schon immer gegeben. Gruftis und Hiphoper waren noch nie die Leute, die sich gegenseitig sonderlich lieb hatten. Aber in den letzten Jahren hab ich selber - selbst bekennender Gothic, was meint ihr warums DARK Tavern heißt - immer mal wieder den Eindruck, daß die Leute sich auch bei uns in Deutschland denken: Gut, man darf keine Homosexuellen, Religionen und Ethnien mehr offen diskriminieren, weil gibt ja Gesetze dagegen inzwischen...aber es gibt ja immer noch Subkulturen. Und wenn die dann noch, wie die Schwarze Szene, auch äußerlich deutlichst abseits vom Mainstream ist - um so besser.
Es fängt bei dem an, wo die meisten sagen: Damit muß man halt leben. Die Grenze von halbwegs berechtigten Vorgaben bezüglich der Kleidung etwa bei Bankangestellten oder Labormitarbeitern hin zu überzogenen, von persönlichen Ressentiments geleiteten Forderungen, die Einmischungen ins Privatleben darstellen, z.B. seitens von Professoren (selbst erlebt) sind fließend. Respektlosigkeiten und behandelt zu werden als sei man irgendwie krank sind dann auch schonmal an der Tagesordnung - viele Homosexuelle durften das wohl durchaus nachvollziehen können.
Unschöner wird es dann schon, wenn man Gespräche in Restaurants oder in der U-Bahn zufällig mitkriegt. In den letzten zwei Jahren ist es mir und Bekannten mehrfach - und das ist neu - passiert, daß man Meinungsäußerungen hörte wie "Gruftis sollte man alle an die Wand stellen" oder "aus dem Verkehr ziehen".
Mag Stammtischgerede sein. Aber wenn sich schon ein Breivik durch rechte Blogger legitimiert fühlte, dann können sich auch Schläger wie die Mörder von Sophie Lancaster durch solche Meinungsbilder bestätigt fühlen - erst recht, wenn sogar Eliten (wie z.B. Professoren) ihre eigenen kleinen Hexenjagden veranstalten.
Es ist wohl vor allem erstmal unsere eigentlich freie und pluralistische Gesellschaft, die schlimmste Auswüchse verhindert. Eine systematische Verfolgung muß wohl keine Subkultur derzeit befürchten - wie es etwa den Swing-begeisterten Jugendlichen im Dritten Reich erging, für die es extra KZs gab.
Aber eine feindliches Klima in der Gesellschaft kann ja trotzdem entstehen und ich finde das keine angenehme Vorstellung. Selbst habe ich schon erlebt, daß es kleinere Übergriffe von Seiten Jugendlicher mit Migrationshintergrund und/oder Hiphopern gegen Gruftis gab. Am Bahnhof Leverkusen Mitte war ich selbst dabei, wie einige Jugendliche uns Gruftis mit Flaschen bewarfen und als "perverse Kranke" beschimpften.
Sorry, da kommt mir die Galle hoch.
Natürlich ich war selbst betroffen. Aber mir käme auch die Galle hoch, wenn ich entsprechendes hören würde, wenn es Übergriffe auf Hiphoper gäbe oder auf Schlagerfans.
Ich möchte keine Gesellschaft, in der ein solches Klima normal wird und sowas hingenommen wird. Mir wird oft gesagt, ich würde das viel zu übertrieben sehen. Mag sein, aber lieber so, als später zu sagen: ich hätte früher den Mund aufmachen können.
Und deshalb zum Todestag von Sophie Lancaster dieser Artikel, bei dem ich mir auch so nen bissel - man merkt es vielleicht - von der Seele schreibe.
Sophies Familie und Freunde haben eine Stiftung gegründet: Sophie-Lancaster-Foundation
Das Ziel der Stiftung ist sich dafür einzusetzen, daß Subkulturen mit Respekt und Toleranz begegnet wird - und das sie auch von Gesetzes wegen vor Übergriffen geschützt werden. Finde ich eine gute Sache. Vor allem, daß die Stiftung sich nicht allein auf Gruftis kapriziert - sondern ganz deutlich allgemein von Subkulturen spricht, auch wenn das Hauptaugenmerk in der praktischen Arbeit aufgrund der begrenzten Mittel auf der Schwarzen Szene zu liegen scheint.
Und mit dem Verweis auf diese Seite möchte ich schließen...mit einer Schlußbemerkung noch:
Respektiert eure Mitmenschen auch wenn sie nicht so rumlaufen wie ihr - solange sie euch respektieren. Es ist das gute Recht eines jeden Menschen so rumzurennen wie er will. Dafür darf niemand zu Tode getreten werden.
In diesem Sinne, eine gute Nacht.
Die meisten (oder alle?) Leser werden jetzt fragen: Sophie - WER?
Sophie Lancaster war eine 20jährige Studentin in Lancashire und zusammen mit dem ein Jahr älteren Robert Maltby. Beide waren Gothics, in Deutschland auch schonmal Gruftis genannt.
Am 24. August 2007 wurden die beiden in einem Park von zwei halbstarken Schlägern angegriffen. Zuerst Robert, dann auch Sophie als sie versuchte ihn zu verteidigen.
Beide wurden anschließend schwer verletzt eingeliefert.
Robert überlebte. Sophie nicht. Sie verstarb im Krankenhaus.
Das klingt erstmal nach einem Vorfall wie er oft vorkommt. Das besondere: Die Täter gaben bei den polizeilichen Vernehmungen ganz amtlich an, daß ihr Angriff erfolgte, weil die beiden jungen Leute Gothics waren. Der Haß auf eine andere Subkultur war Motivator.
Klingt bizarr? Zugegeben, gewisse Ressentiments zwischen verschiedenen Subkulturen, meist eher augenzwinkernd, manchmal nen Ticken ernster, hat es schon immer gegeben. Gruftis und Hiphoper waren noch nie die Leute, die sich gegenseitig sonderlich lieb hatten. Aber in den letzten Jahren hab ich selber - selbst bekennender Gothic, was meint ihr warums DARK Tavern heißt - immer mal wieder den Eindruck, daß die Leute sich auch bei uns in Deutschland denken: Gut, man darf keine Homosexuellen, Religionen und Ethnien mehr offen diskriminieren, weil gibt ja Gesetze dagegen inzwischen...aber es gibt ja immer noch Subkulturen. Und wenn die dann noch, wie die Schwarze Szene, auch äußerlich deutlichst abseits vom Mainstream ist - um so besser.
Es fängt bei dem an, wo die meisten sagen: Damit muß man halt leben. Die Grenze von halbwegs berechtigten Vorgaben bezüglich der Kleidung etwa bei Bankangestellten oder Labormitarbeitern hin zu überzogenen, von persönlichen Ressentiments geleiteten Forderungen, die Einmischungen ins Privatleben darstellen, z.B. seitens von Professoren (selbst erlebt) sind fließend. Respektlosigkeiten und behandelt zu werden als sei man irgendwie krank sind dann auch schonmal an der Tagesordnung - viele Homosexuelle durften das wohl durchaus nachvollziehen können.
Unschöner wird es dann schon, wenn man Gespräche in Restaurants oder in der U-Bahn zufällig mitkriegt. In den letzten zwei Jahren ist es mir und Bekannten mehrfach - und das ist neu - passiert, daß man Meinungsäußerungen hörte wie "Gruftis sollte man alle an die Wand stellen" oder "aus dem Verkehr ziehen".
Mag Stammtischgerede sein. Aber wenn sich schon ein Breivik durch rechte Blogger legitimiert fühlte, dann können sich auch Schläger wie die Mörder von Sophie Lancaster durch solche Meinungsbilder bestätigt fühlen - erst recht, wenn sogar Eliten (wie z.B. Professoren) ihre eigenen kleinen Hexenjagden veranstalten.
Es ist wohl vor allem erstmal unsere eigentlich freie und pluralistische Gesellschaft, die schlimmste Auswüchse verhindert. Eine systematische Verfolgung muß wohl keine Subkultur derzeit befürchten - wie es etwa den Swing-begeisterten Jugendlichen im Dritten Reich erging, für die es extra KZs gab.
Aber eine feindliches Klima in der Gesellschaft kann ja trotzdem entstehen und ich finde das keine angenehme Vorstellung. Selbst habe ich schon erlebt, daß es kleinere Übergriffe von Seiten Jugendlicher mit Migrationshintergrund und/oder Hiphopern gegen Gruftis gab. Am Bahnhof Leverkusen Mitte war ich selbst dabei, wie einige Jugendliche uns Gruftis mit Flaschen bewarfen und als "perverse Kranke" beschimpften.
Sorry, da kommt mir die Galle hoch.
Natürlich ich war selbst betroffen. Aber mir käme auch die Galle hoch, wenn ich entsprechendes hören würde, wenn es Übergriffe auf Hiphoper gäbe oder auf Schlagerfans.
Ich möchte keine Gesellschaft, in der ein solches Klima normal wird und sowas hingenommen wird. Mir wird oft gesagt, ich würde das viel zu übertrieben sehen. Mag sein, aber lieber so, als später zu sagen: ich hätte früher den Mund aufmachen können.
Und deshalb zum Todestag von Sophie Lancaster dieser Artikel, bei dem ich mir auch so nen bissel - man merkt es vielleicht - von der Seele schreibe.
Sophies Familie und Freunde haben eine Stiftung gegründet: Sophie-Lancaster-Foundation
Das Ziel der Stiftung ist sich dafür einzusetzen, daß Subkulturen mit Respekt und Toleranz begegnet wird - und das sie auch von Gesetzes wegen vor Übergriffen geschützt werden. Finde ich eine gute Sache. Vor allem, daß die Stiftung sich nicht allein auf Gruftis kapriziert - sondern ganz deutlich allgemein von Subkulturen spricht, auch wenn das Hauptaugenmerk in der praktischen Arbeit aufgrund der begrenzten Mittel auf der Schwarzen Szene zu liegen scheint.
Und mit dem Verweis auf diese Seite möchte ich schließen...mit einer Schlußbemerkung noch:
Respektiert eure Mitmenschen auch wenn sie nicht so rumlaufen wie ihr - solange sie euch respektieren. Es ist das gute Recht eines jeden Menschen so rumzurennen wie er will. Dafür darf niemand zu Tode getreten werden.
In diesem Sinne, eine gute Nacht.
Montag, 22. August 2011
Gaddafi - game over
Es ist tatsächlich soweit! Der Bürgerkrieg in Libyen ist in der finalen Schlußphase, zumindest was den Kampf gegen den Diktator Gaddafi angeht. Noch ist der letzte Schuß nicht gefallen, aber es ist wie April/Mai '45 in Berlin: Es geht nicht mehr darum, ob das Regime verloren hat, sondern nur noch darum aus welchem Loch oder Bunker man den ehemaligen Gröfaz zieht - und in welchem Zustand.
Es wird Zeit, kurz über die damit neu entstandene Lage nachzudenken. Denn einerseits wurden damit etliche Fragen beantwortet - andererseits stellen sich neue.
Beantwortet ist durchaus die Frage danach, ob sich der NATO-Einsatz gelohnt hat. Zumindest fürs erste: Ja. Man wird zwar noch sehen müssen wieviele unschuldige Zivilisten tatsächlich versehentlich von NATO-Bomben getroffen wurden, aber das Kriegsziel der NATO wurde erreicht. Damit wird auch beantwortet, wer seinen Nutzen daraus ziehen wird: Die NATO-Staaten, die mitgewirkt haben. Die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien...sie werden wahrscheinlich von der nächsten libyschen Regierung, den Siegern des Bürgerkriegs belohnt werden. Das wird viele wieder aufregen, die die große amerikanisch-westliche Verschwörung wittern. Hier ist ein ABER angebracht. Nämlich, daß das doch eigentlich egal ist, wenn diese Staaten vom Ergebnis profitieren, drauf geschissen - solange es den Libyern künftig besser geht, sie die erhofften Freiheiten kriegen und ein neues Libyen aufbauen können, wie sie es sich erhoffen. Und ob das klappen wird, wird wesentlich an den Libyern selbst liegen. Das ist die große unbeantwortete Frage: Werden sie das schaffen?
Möglicherweise wird es erste Hinweise darauf bereits geben, wenn Gaddafi gefaßt wird - nämlich dadurch, wie man mit ihm umgehen wird. So verständlich der Gedanke an Rache ist - die Rebellen sollten von ihr absehen, wenn Libyen eine Hoffnung haben soll und den Mann vor ein faires Gericht stellen, am besten wäre wohl Den Haag.
Eine andere Frage ist, wie sich der Sieg in Libyen auf den arabischen Frühling auswirken wird. Er durfte sicherlich neue Impulse für diesen geben, nachdem die Freiheitsbewegung zuletzt etwas ausgebremst schien. Libyen könnte für viele Oppositionelle etwa in Syrien oder auch im Jemen oder andernorts wo die Diktatoren Gewalt anwenden zum Vorbild werden.
Dazu könnte auch gehören, wenn sich der Westen in der Nach-Gaddafi-Ära in Libyen nicht zu sehr in den Vordergrund drängt, sondern im Stillen einfach nur beim Wiederaufbau hilft, wo man drum gebeten wird, dem Westen wieder mehr zu vertrauen und um Hilfe zu bitten. Vielleicht der unwahrscheinlichste neue Impuls, aber kein unmöglicher.
In westlichen Regierungen sollte man sich jedenfalls für den Fall der Fälle überlegen wie man sich dann positioniert. Libyen hat bewiesen, daß man den Oppositionellen durchaus unter bestimmten Bedingungen militärisch helfen kann - und um ehrlich zu sein, wenn man es mit der Freiheit ernst meint, sogar helfen muß.
Das durfte vor allem für unsere pseudopazifistische Bundesregierung eine unbequeme Erkenntnis sein, die sich ja im Frühjahr bequem raushalten wollte.
Wegen der Risiken.
Die libyschen Rebellen haben wohl wesentlich mehr riskiert. Und das nun womöglich nicht umsonst. Sie würden über die hiesige Debatte, ob das Ziele aussuchen an einem Schreibtisch in Neapel eine Beteiligung am Krieg ist wahrscheinlich nur erschüttert und ungerührt die Köpfe schütteln.
Kein Wunder, daß is auch ne Wohlstandsdebatte und das Denken in Risiken statt in Chancen ist so typisch Deutsch.
Das Tavernenteam wünscht dem libyschen Volk jedenfalls alles Gute und drückt die Daumen, daß die letzten Gefechte bald vorbei sind und die Wunden, die dem Land zugefügt wurden, dann heilen können!
Es wird Zeit, kurz über die damit neu entstandene Lage nachzudenken. Denn einerseits wurden damit etliche Fragen beantwortet - andererseits stellen sich neue.
Beantwortet ist durchaus die Frage danach, ob sich der NATO-Einsatz gelohnt hat. Zumindest fürs erste: Ja. Man wird zwar noch sehen müssen wieviele unschuldige Zivilisten tatsächlich versehentlich von NATO-Bomben getroffen wurden, aber das Kriegsziel der NATO wurde erreicht. Damit wird auch beantwortet, wer seinen Nutzen daraus ziehen wird: Die NATO-Staaten, die mitgewirkt haben. Die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien...sie werden wahrscheinlich von der nächsten libyschen Regierung, den Siegern des Bürgerkriegs belohnt werden. Das wird viele wieder aufregen, die die große amerikanisch-westliche Verschwörung wittern. Hier ist ein ABER angebracht. Nämlich, daß das doch eigentlich egal ist, wenn diese Staaten vom Ergebnis profitieren, drauf geschissen - solange es den Libyern künftig besser geht, sie die erhofften Freiheiten kriegen und ein neues Libyen aufbauen können, wie sie es sich erhoffen. Und ob das klappen wird, wird wesentlich an den Libyern selbst liegen. Das ist die große unbeantwortete Frage: Werden sie das schaffen?
Möglicherweise wird es erste Hinweise darauf bereits geben, wenn Gaddafi gefaßt wird - nämlich dadurch, wie man mit ihm umgehen wird. So verständlich der Gedanke an Rache ist - die Rebellen sollten von ihr absehen, wenn Libyen eine Hoffnung haben soll und den Mann vor ein faires Gericht stellen, am besten wäre wohl Den Haag.
Eine andere Frage ist, wie sich der Sieg in Libyen auf den arabischen Frühling auswirken wird. Er durfte sicherlich neue Impulse für diesen geben, nachdem die Freiheitsbewegung zuletzt etwas ausgebremst schien. Libyen könnte für viele Oppositionelle etwa in Syrien oder auch im Jemen oder andernorts wo die Diktatoren Gewalt anwenden zum Vorbild werden.
Dazu könnte auch gehören, wenn sich der Westen in der Nach-Gaddafi-Ära in Libyen nicht zu sehr in den Vordergrund drängt, sondern im Stillen einfach nur beim Wiederaufbau hilft, wo man drum gebeten wird, dem Westen wieder mehr zu vertrauen und um Hilfe zu bitten. Vielleicht der unwahrscheinlichste neue Impuls, aber kein unmöglicher.
In westlichen Regierungen sollte man sich jedenfalls für den Fall der Fälle überlegen wie man sich dann positioniert. Libyen hat bewiesen, daß man den Oppositionellen durchaus unter bestimmten Bedingungen militärisch helfen kann - und um ehrlich zu sein, wenn man es mit der Freiheit ernst meint, sogar helfen muß.
Das durfte vor allem für unsere pseudopazifistische Bundesregierung eine unbequeme Erkenntnis sein, die sich ja im Frühjahr bequem raushalten wollte.
Wegen der Risiken.
Die libyschen Rebellen haben wohl wesentlich mehr riskiert. Und das nun womöglich nicht umsonst. Sie würden über die hiesige Debatte, ob das Ziele aussuchen an einem Schreibtisch in Neapel eine Beteiligung am Krieg ist wahrscheinlich nur erschüttert und ungerührt die Köpfe schütteln.
Kein Wunder, daß is auch ne Wohlstandsdebatte und das Denken in Risiken statt in Chancen ist so typisch Deutsch.
Das Tavernenteam wünscht dem libyschen Volk jedenfalls alles Gute und drückt die Daumen, daß die letzten Gefechte bald vorbei sind und die Wunden, die dem Land zugefügt wurden, dann heilen können!
Mittwoch, 10. August 2011
Lohnmentalität
Na, alle schreien mal wieder Zeter und Mordio, da die seit 2008 andauernde Wirtschafts-und Finanzkrise nun neue Höhen erreicht.
Naja, war irgendwie zu erwarten.
Und die ersten schreien natürlich direkt nach dem Tod des Kapitalismus und der Marktwirtschaft.
War auch irgendwie zu erwarten.
Nur ist es so vollkommen am Thema vorbei. Der Kapitalismus kann nix für die Blödheit der Menschen (egal ob Staaten oder Häuslebauer), zu viele Schulden zu machen. Das System wird schließlich von Menschen mit Leben gefüllt und letztlich waren eigentlich allen die Regeln des Spiels bekannt - trotzdem haben sie sehenden Auges dumme Entscheidungen getroffen. Natürlich ist es einfacher, irgendeinem "ismus"-Ungetüm die Schuld zu geben, dann muß man sich nicht an die eigene Nase packen.
Noch gravierender ist ein anderer Denkfehler. Kapitalismus und Marktwirtschaft können bei ihrer Definition von wirtschaftlichen Werten nur das widerspiegeln, was die Gesellschaft für sich als wertvoll empfindet und ausdrückt. Nirgendswo steht zwingend geschrieben - z.B. - das im Kapitalismus Gold schweine viel wert sein muß. In vielen amerikanischen indigenen Kulturen war Gold zwar dekoratives Gut, aber wurde als nicht so wertvoll betrachtet - dies ist eine Sichtweise, die kulturell-gesellschaftlich bedingt ist. Theoretisch könnte Gold auch nix wert sein, dafür aber Kuhdung. Zugegeben, daß ist etwas zugespitzt.
Worauf ich hinaus will: Das Problem scheinen mir zunehmend nicht die Grundregeln des Systems zu sein, sondern die Sichtweise der Gesellschaft auf den wirtschaftlichen Wert von Sachen, Dienstleistungen und auch Menschen (da gabs doch dieses wunderbare Wort vom Humankapital).
Ein Beispiel: Ich schufte grad als befristeter Hilfsarbeiter am Fließband in einem Job, den ich nie gelernt hab, verdiene aber massiv mehr als eine Bekannte, die in ihrem gelernten Berufsfeld (irgendwas Erziehermäßiges) arbeitet. Das ist - genau betrachtet - eigentlich ziemlich absurd. Auch wenn ich mich natürlich grade drüber freuen kann.
Man muß nicht erst auf die eklatanten Lohnunterschiede zwischen dem Mittelstand und den Managern etwa der Deutschen Bank hinweisen, um sich zu fragen, wodurch das eigentlich gerechtfertigt ist. Die Sache ist grundsätzlicher, eine gesellschaftliche Frage. Warum z.B. werden so wichtige Arbeiten wie Pflegetätigkeiten und Erziehungstätigkeiten vergleichsweise mager bezahlt? Ganz ehrlich, unsere Gesellschaft will sich mit diesen Berufssparten doch lieber eher nicht befaßen. Wir denken ungern darüber nach und wertgeschätzt werden diese Berufe kaum. Ähnlich verhält es sich mit Wachpersonal. Berüchtigt der Fall des Wachmanns vorm Arbeitsamt, der sich nach Schichtende seine Aufstockung holen darf. Ist uns Sicherheit wirklich so wenig wert?
Natürlich sind die Löhne und die Lohnunterschiede historisch gewachsen. Aber man wird darüber nachdenken durfen und sollte es auch, sich zu überlegen, welche Berufe eigentlich wirklich wichtige Stützen und Säulen für diese Gesellschaft sind - und wie man entsprechend Lohnabstände bemessen sollte. Berufe, die die Grundversorgung einer Gesellschaft in Pflegebereichen, Sicherheitsbereichen, Versorgungsbereichen etc., sicher stellen, sollten durchaus mehr Wert beigemessen werden und folgerichtig ein höherer Lohn. Zugleich wäre es sinnvoll, Wertschöpfung im realen Leben höherwertig einzustufen, als die Generierung von Geld aus anderem Geld an der Börse in Finanzblasen.
Dafür muß man nicht den Kapitalismus oder die Marktwirtschaft abschaffen. Dafür muß man eine gesellschaftliche Debatte führen, um den Blick zu schärfen für das, was wir wirklich brauchen, was reiner Luxus ist und was uns entsprechend wieviel wert ist. Denn geben wir es zu - wir sind nach wie vor eine verwöhnte Überflußgesellschaft.
Nur wird diese Debatte wahrscheinlich kaum geführt werden, denn dann müßten viele Pfründe neu umverteilt werden. Und das werden die derzeitigen Besitzer kaum verstehen wollen.
Naja, war irgendwie zu erwarten.
Und die ersten schreien natürlich direkt nach dem Tod des Kapitalismus und der Marktwirtschaft.
War auch irgendwie zu erwarten.
Nur ist es so vollkommen am Thema vorbei. Der Kapitalismus kann nix für die Blödheit der Menschen (egal ob Staaten oder Häuslebauer), zu viele Schulden zu machen. Das System wird schließlich von Menschen mit Leben gefüllt und letztlich waren eigentlich allen die Regeln des Spiels bekannt - trotzdem haben sie sehenden Auges dumme Entscheidungen getroffen. Natürlich ist es einfacher, irgendeinem "ismus"-Ungetüm die Schuld zu geben, dann muß man sich nicht an die eigene Nase packen.
Noch gravierender ist ein anderer Denkfehler. Kapitalismus und Marktwirtschaft können bei ihrer Definition von wirtschaftlichen Werten nur das widerspiegeln, was die Gesellschaft für sich als wertvoll empfindet und ausdrückt. Nirgendswo steht zwingend geschrieben - z.B. - das im Kapitalismus Gold schweine viel wert sein muß. In vielen amerikanischen indigenen Kulturen war Gold zwar dekoratives Gut, aber wurde als nicht so wertvoll betrachtet - dies ist eine Sichtweise, die kulturell-gesellschaftlich bedingt ist. Theoretisch könnte Gold auch nix wert sein, dafür aber Kuhdung. Zugegeben, daß ist etwas zugespitzt.
Worauf ich hinaus will: Das Problem scheinen mir zunehmend nicht die Grundregeln des Systems zu sein, sondern die Sichtweise der Gesellschaft auf den wirtschaftlichen Wert von Sachen, Dienstleistungen und auch Menschen (da gabs doch dieses wunderbare Wort vom Humankapital).
Ein Beispiel: Ich schufte grad als befristeter Hilfsarbeiter am Fließband in einem Job, den ich nie gelernt hab, verdiene aber massiv mehr als eine Bekannte, die in ihrem gelernten Berufsfeld (irgendwas Erziehermäßiges) arbeitet. Das ist - genau betrachtet - eigentlich ziemlich absurd. Auch wenn ich mich natürlich grade drüber freuen kann.
Man muß nicht erst auf die eklatanten Lohnunterschiede zwischen dem Mittelstand und den Managern etwa der Deutschen Bank hinweisen, um sich zu fragen, wodurch das eigentlich gerechtfertigt ist. Die Sache ist grundsätzlicher, eine gesellschaftliche Frage. Warum z.B. werden so wichtige Arbeiten wie Pflegetätigkeiten und Erziehungstätigkeiten vergleichsweise mager bezahlt? Ganz ehrlich, unsere Gesellschaft will sich mit diesen Berufssparten doch lieber eher nicht befaßen. Wir denken ungern darüber nach und wertgeschätzt werden diese Berufe kaum. Ähnlich verhält es sich mit Wachpersonal. Berüchtigt der Fall des Wachmanns vorm Arbeitsamt, der sich nach Schichtende seine Aufstockung holen darf. Ist uns Sicherheit wirklich so wenig wert?
Natürlich sind die Löhne und die Lohnunterschiede historisch gewachsen. Aber man wird darüber nachdenken durfen und sollte es auch, sich zu überlegen, welche Berufe eigentlich wirklich wichtige Stützen und Säulen für diese Gesellschaft sind - und wie man entsprechend Lohnabstände bemessen sollte. Berufe, die die Grundversorgung einer Gesellschaft in Pflegebereichen, Sicherheitsbereichen, Versorgungsbereichen etc., sicher stellen, sollten durchaus mehr Wert beigemessen werden und folgerichtig ein höherer Lohn. Zugleich wäre es sinnvoll, Wertschöpfung im realen Leben höherwertig einzustufen, als die Generierung von Geld aus anderem Geld an der Börse in Finanzblasen.
Dafür muß man nicht den Kapitalismus oder die Marktwirtschaft abschaffen. Dafür muß man eine gesellschaftliche Debatte führen, um den Blick zu schärfen für das, was wir wirklich brauchen, was reiner Luxus ist und was uns entsprechend wieviel wert ist. Denn geben wir es zu - wir sind nach wie vor eine verwöhnte Überflußgesellschaft.
Nur wird diese Debatte wahrscheinlich kaum geführt werden, denn dann müßten viele Pfründe neu umverteilt werden. Und das werden die derzeitigen Besitzer kaum verstehen wollen.
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