Ja, Pirat will mal wieder große Karriere machen...diesmal: Als Bundespräsident.
Also schicke ich folgende Bewerbung ans Bundeskanzleramt, ja, das mache ich! Und wenn sie mich lassen, veröffentliche ich die Antwort *G*
Sehr geehrte Bundeskanzlerin, sehr geehrtes Bundeskanzleramt, geehrte Volksvertreter,
wie heute zu verfolgen war, ist eine wichtige Position in unserem Staate vakant. Und zwar die des Bundespräsident. Außerdem ist bekannt, dass Sie händeringend nun einen Nachfolger suchen.
Dafür möchte ich als schlichter, einfacher Bürger einen Vorschlag machen.
Nehmen Sie doch - MICH!
Meine Qualifikationen:
Ich habe keinerlei Beraterverträge oder Firmenbosse als Freunde.
Ich bin so ehrlich, wie es nur geht...behaupten Freunde, die alle keine Unternehmer sind.
Beruflich gesehen habe ich einen akademischen Abschluß, ein Diplom mit der Note 1. Meine Diplomarbeit hat dabei alles ordentlich zitiert und nichts abgekupfert.
Außerdem gehöre ich nicht irgendeiner Partei an, schon gar nicht der FDP. So gesehen bin ich also überparteilich.
Deutscher bin ich natürlich auch und sogar politisch interessiert. Das heißt, ich kenne die allgemeinen Vorgänge in unserem Staat und auch außenpolitisch besitze ich hinreichende Kenntnisse. Ich weiß z.B., dass Warschau die Hauptstadt von Polen ist und das man Afrikaner lieber nicht mit "liebe Neger" begrüßt.
Da ich fast immer schwarz trage, bin ich stets elegant gekleidet. Einen Hang zu Auftritten in Fernsehshows wie der Rest der DSDS-Generationen habe ich nicht. Dafür kann ich Englisch. Meine absolut originale und nicht plagiierte Diplomarbeit habe ich sogar in dieser Sprache abgefaßt.
Eloquent bin ich außerdem auch - ich kann garantiert genauso faseln wie jeder andere Politiker und das sogar noch mit Inhalt füllen.
Und Urlaub mache ich am liebsten in Deutschland, womit Ausflüge in südländische Luxusvillen flach fallen.
Im Übrigen gehe ich immer wählen und bin damit absolut geeignet, als Vorbild in Sachen Demokratie zu dienen. Über meinen Blog wirke ich darüber hinaus an der Meinungsbildung in diesem Lande mit, wenn auch nur zu 0,00...denken sie sich noch ein paar Nullen...1 %.
Sie sehen also, ich bin absolut für dieses Amt qualifiziert. Als ein Mann mitten aus dem Volke, von durchschnittlicher Figur etc. bin ich außerdem auch wirklich repräsentativ für dieses Land...naja, zumindest für die männliche Hälfte.
Mit freundlichen Grüßen und der Hoffnung auf eine positive Antwort,
Pirat [in der echten Mail steht da natürlich mein bürgerlicher Name]
Soeben habe ich das abgeschickt. Ich hoffe es wird als aufrichtige Anteilnahme eines Bürgers gewertet. :)
Freitag, 17. Februar 2012
Donnerstag, 9. Februar 2012
ACTA
Ja, heute mal ein schlichter Titel XD
Heute fragte mich meine Bordfotografin, die gute Motzi, ob ich am Samstag mit zu einer Demo in Köln komme. Es handelt sich um eine Demo gegen ACTA, dem Anti-Counterfeiting Trade Agreement. Nähere Infos zur Demo auch hier bei Facebook:
http://www.facebook.com/events/207644835998103/
ACTA wird seit einigen Wochen heiß diskutiert. Einige Hintergrundinfos dazu finden sich u.a. bei Wikipedia. Die Proteste gegen diesen Vertrag sind auch nicht auf Köln oder gar Deutschland begrenzt, wie z.B. der Focus berichtet.
Die Anfrage von Motzi mußte ich leider abschlägig bescheiden. Der Pirat hat Grippe und der wird ein Tag bei kaltem Winterwetter auf einer Demo nicht so gut tun (oder eben doch, was mir aber nicht gut täte).
Davon unabhängig, hab ich mir natürlich so meine Gedanken gemacht. ACTA ist das nächste große Gefecht darum, festzulegen, wie wir online und im Bezug auf den Umgang mit geistigem Eigentum leben wollen. Die Grabenstellungen dabei sind klar definiert, wie zuvor auch schon, als es um Sperrung von Kinderporno-Seiten ging. Nur ist das Schlachtfeld diesmal wesentlich weniger abgegrenzt, da es nicht nur um Kinderporno-Seiten geht. Es geht um alles. Um die Inhalte des gesamten Internet. Die Staaten, die das ACTA-Abkommen aushandelten, und viele Wirtschaftsvertreter sehen das Ganze eher aus der Sicht: Es muß Recht und Ordnung herrschen, vorzugsweise, damit bei uns der Dollar fließt. Wer dagegen ist, ist ein weltfremder Hippie, der ja sowieso nicht seinen Beitrag leisten und partout nicht einsehen will, daß es so etwas wie illegales Verhalten gibt, daß es auch im Internet regeln gibt. Die Gegenseite - darunter viele Bürgerrechtsgruppen, die Piratenparteien in Europa, Globalisierungskritiker, die wahrscheinlich überwiegende Mehrheit der Internetnutzer - sieht ACTA als weitere große Verschwörung, den Bürger zu entmachten, uns zu überwachen, den freien Informationsaustausch im Netz zu unterbinden und - im schlimmsten Fall - die Demokratie abzuschaffen. Und überhaupt geht dann das Internet und damit die Welt unter.
Entsprechend sind die Demos mit den Guy Fawkes-Masken - derzeit etwas inflationär benutzt - ein längst bekanntes Ritual, ebenso wie vieles andere auch. Es werden Reden geschwungen werden, denen die Mächtigen nur in seltenen Fällen zuhören werden. Das Polen, Tschechien oder Lettland den Vertrag nicht ratifiziert haben, wird ihn vermutlich nicht aufhalten und ist höchstens ein symbolischer Sieg. Höchstens wird das Ganze dadurch verzögert. Die Regierungen interessiert so eine Debatte meist nur in Hinblick auf kommende Wahlen. Die größte Chance ACTA in der EU zu verhindern, wäre ein weiterer Zuwachs der Stimmen für die Piratenparteien in den nächsten Wahlen überall. Und dieser Zuwachs müßte sich halten: Sobald die Piraten wieder weniger gewählt werden und das Thema von der Agenda verschwindet könnten die Regierungsparteien ACTA wieder hervorholen und eben später ratifizieren. Die Demos werden für die Regierungen nur dann interessant, wenn sich die dort bekundeten Meinungen auch im Wahlverhalten niederschlagen. Da darf man wohl gespannt sein.
Die Teilnahme an der Demo ist zuvorderst gut für das eigene Gefühl, etwas "getan" zu haben.
Davon unabhängig illustriert das Ganze aber ein kommunikatives Problem: Das Unverständnis beider Seiten darüber, worüber der andere eigentlich redet. Genauso wenig wie jeder Internetnutzer ein kleiner krimineller Hippie ist, ist jeder Befürworter von ACTA ein reaktionärer Faschist, der den Menschen ihr Netz wegnehmen will. Für beide Sichtweisen gilt: Am Ende wird selten etwas so heiß gegessen wie gekocht.
ACTA gibt es in dieser Form vor allem auch deshalb, weil es erst jetzt, wo es akut wird, wahrgenommen wurde, auch von der Netzgemeinde und vielen Organisationen. Verhandelt wird darüber aber schon seit Jahren. Die Regierungen und die Wirtschaft haben eindeutig versäumt, Vertreter der bürgerlichen Bewegungen im Netz (um es mal so zu formulieren) einzuladen und konstruktiv mitarbeiten zu lassen. Aber die Kritikerseite hat auch versäumt und zwar jahrelang, genau eine solche Beteiligung einzufordern bzw. auch mal: anzubieten.
Das Internet bietet gigantische Chancen. Nicht alle wurden bisher genutzt. Es bringt aber auch Risiken und Probleme mit sich. Wie alles im Leben. Fragen des Urheberrechts gehören z.B. dazu. Oder die Kinderporno-Seiten. Usw. Das Internet verlangt dafür eigentlich nach neuen Lösungen und Lösungskonzepten. Regierungen und Wirtschaft haben darauf bisher vor allem aber mit Konzepten aus der alten Welt ohne Internet reagiert. In der Umsetzung dann bedeutet das oft, einen Verlust von schätzen gelernter Freiheit bei den Internetusern - und der Aufschrei ist da. Zumal immer der Pauschalverdacht mit dabei ist, auf beiden Seiten.
Das Ergebnis ist eine verfahrene Situation der Debatte, was dadurch verschärft wird, daß die Kritiker von ACTA und Befürworter von möglichst viel Freiheit im Netz zu selten bis gar nicht an die Gegenseite mit eigenen komplett durchdachten Vorschlägen für Lösungen und Lösungskonzepten herangingen (einige Vorschläge in der Kinderporno-Debatte um Zensursula waren da eine glorreiche Ausnahme). Man hat sich ja eigentlich nie an einen Tisch gesetzt. Dabei wäre das bitter nötig, denn das Internet gehört, wenn es denn allen gehören soll, auch den Befürwortern von ACTA und anderen Reglementierungen. Beide Seiten sollten anerkennen, daß die jeweiligen Ansichten durchaus berechtigten Sorgen des jeweils anderen entspringen. Und dann über Lösungen reden und verhandeln. Dabei sollte auch die Internetgemeinde akzeptieren können, daß nicht alle ihre Vorschläge eins zu eins umgesetzt werden, bei Verhandlungen muß am Ende jeder Abstriche machen (normalerweise).
Die Alternative ist weiterhin der bereits bekannte, eventmäßige Kleinkrieg, bei dem auf Dauer ein Patt herauskommt, daß die Wirtschaft viel Geld und den einfachen Bürger in einigen Fällen womöglich tatsächlich seine Freiheit kostet. Und zwar solange, bis die älteren Garden aus den Entscheidungsgremien komplett abgetreten sind und die Generation, die seit ihrer Geburt mit dem Internet in seiner jetzigen Form aufgewachsen ist, in die Entscheidungsgremien aufgerückt ist.
Es darf jeder durchrechnen wie lange das dauert. Wollen wir wirklich so LANGE warten?
In diesem Sinne,
euer Pirat
Heute fragte mich meine Bordfotografin, die gute Motzi, ob ich am Samstag mit zu einer Demo in Köln komme. Es handelt sich um eine Demo gegen ACTA, dem Anti-Counterfeiting Trade Agreement. Nähere Infos zur Demo auch hier bei Facebook:
http://www.facebook.com/events/207644835998103/
ACTA wird seit einigen Wochen heiß diskutiert. Einige Hintergrundinfos dazu finden sich u.a. bei Wikipedia. Die Proteste gegen diesen Vertrag sind auch nicht auf Köln oder gar Deutschland begrenzt, wie z.B. der Focus berichtet.
Die Anfrage von Motzi mußte ich leider abschlägig bescheiden. Der Pirat hat Grippe und der wird ein Tag bei kaltem Winterwetter auf einer Demo nicht so gut tun (oder eben doch, was mir aber nicht gut täte).
Davon unabhängig, hab ich mir natürlich so meine Gedanken gemacht. ACTA ist das nächste große Gefecht darum, festzulegen, wie wir online und im Bezug auf den Umgang mit geistigem Eigentum leben wollen. Die Grabenstellungen dabei sind klar definiert, wie zuvor auch schon, als es um Sperrung von Kinderporno-Seiten ging. Nur ist das Schlachtfeld diesmal wesentlich weniger abgegrenzt, da es nicht nur um Kinderporno-Seiten geht. Es geht um alles. Um die Inhalte des gesamten Internet. Die Staaten, die das ACTA-Abkommen aushandelten, und viele Wirtschaftsvertreter sehen das Ganze eher aus der Sicht: Es muß Recht und Ordnung herrschen, vorzugsweise, damit bei uns der Dollar fließt. Wer dagegen ist, ist ein weltfremder Hippie, der ja sowieso nicht seinen Beitrag leisten und partout nicht einsehen will, daß es so etwas wie illegales Verhalten gibt, daß es auch im Internet regeln gibt. Die Gegenseite - darunter viele Bürgerrechtsgruppen, die Piratenparteien in Europa, Globalisierungskritiker, die wahrscheinlich überwiegende Mehrheit der Internetnutzer - sieht ACTA als weitere große Verschwörung, den Bürger zu entmachten, uns zu überwachen, den freien Informationsaustausch im Netz zu unterbinden und - im schlimmsten Fall - die Demokratie abzuschaffen. Und überhaupt geht dann das Internet und damit die Welt unter.
Entsprechend sind die Demos mit den Guy Fawkes-Masken - derzeit etwas inflationär benutzt - ein längst bekanntes Ritual, ebenso wie vieles andere auch. Es werden Reden geschwungen werden, denen die Mächtigen nur in seltenen Fällen zuhören werden. Das Polen, Tschechien oder Lettland den Vertrag nicht ratifiziert haben, wird ihn vermutlich nicht aufhalten und ist höchstens ein symbolischer Sieg. Höchstens wird das Ganze dadurch verzögert. Die Regierungen interessiert so eine Debatte meist nur in Hinblick auf kommende Wahlen. Die größte Chance ACTA in der EU zu verhindern, wäre ein weiterer Zuwachs der Stimmen für die Piratenparteien in den nächsten Wahlen überall. Und dieser Zuwachs müßte sich halten: Sobald die Piraten wieder weniger gewählt werden und das Thema von der Agenda verschwindet könnten die Regierungsparteien ACTA wieder hervorholen und eben später ratifizieren. Die Demos werden für die Regierungen nur dann interessant, wenn sich die dort bekundeten Meinungen auch im Wahlverhalten niederschlagen. Da darf man wohl gespannt sein.
Die Teilnahme an der Demo ist zuvorderst gut für das eigene Gefühl, etwas "getan" zu haben.
Davon unabhängig illustriert das Ganze aber ein kommunikatives Problem: Das Unverständnis beider Seiten darüber, worüber der andere eigentlich redet. Genauso wenig wie jeder Internetnutzer ein kleiner krimineller Hippie ist, ist jeder Befürworter von ACTA ein reaktionärer Faschist, der den Menschen ihr Netz wegnehmen will. Für beide Sichtweisen gilt: Am Ende wird selten etwas so heiß gegessen wie gekocht.
ACTA gibt es in dieser Form vor allem auch deshalb, weil es erst jetzt, wo es akut wird, wahrgenommen wurde, auch von der Netzgemeinde und vielen Organisationen. Verhandelt wird darüber aber schon seit Jahren. Die Regierungen und die Wirtschaft haben eindeutig versäumt, Vertreter der bürgerlichen Bewegungen im Netz (um es mal so zu formulieren) einzuladen und konstruktiv mitarbeiten zu lassen. Aber die Kritikerseite hat auch versäumt und zwar jahrelang, genau eine solche Beteiligung einzufordern bzw. auch mal: anzubieten.
Das Internet bietet gigantische Chancen. Nicht alle wurden bisher genutzt. Es bringt aber auch Risiken und Probleme mit sich. Wie alles im Leben. Fragen des Urheberrechts gehören z.B. dazu. Oder die Kinderporno-Seiten. Usw. Das Internet verlangt dafür eigentlich nach neuen Lösungen und Lösungskonzepten. Regierungen und Wirtschaft haben darauf bisher vor allem aber mit Konzepten aus der alten Welt ohne Internet reagiert. In der Umsetzung dann bedeutet das oft, einen Verlust von schätzen gelernter Freiheit bei den Internetusern - und der Aufschrei ist da. Zumal immer der Pauschalverdacht mit dabei ist, auf beiden Seiten.
Das Ergebnis ist eine verfahrene Situation der Debatte, was dadurch verschärft wird, daß die Kritiker von ACTA und Befürworter von möglichst viel Freiheit im Netz zu selten bis gar nicht an die Gegenseite mit eigenen komplett durchdachten Vorschlägen für Lösungen und Lösungskonzepten herangingen (einige Vorschläge in der Kinderporno-Debatte um Zensursula waren da eine glorreiche Ausnahme). Man hat sich ja eigentlich nie an einen Tisch gesetzt. Dabei wäre das bitter nötig, denn das Internet gehört, wenn es denn allen gehören soll, auch den Befürwortern von ACTA und anderen Reglementierungen. Beide Seiten sollten anerkennen, daß die jeweiligen Ansichten durchaus berechtigten Sorgen des jeweils anderen entspringen. Und dann über Lösungen reden und verhandeln. Dabei sollte auch die Internetgemeinde akzeptieren können, daß nicht alle ihre Vorschläge eins zu eins umgesetzt werden, bei Verhandlungen muß am Ende jeder Abstriche machen (normalerweise).
Die Alternative ist weiterhin der bereits bekannte, eventmäßige Kleinkrieg, bei dem auf Dauer ein Patt herauskommt, daß die Wirtschaft viel Geld und den einfachen Bürger in einigen Fällen womöglich tatsächlich seine Freiheit kostet. Und zwar solange, bis die älteren Garden aus den Entscheidungsgremien komplett abgetreten sind und die Generation, die seit ihrer Geburt mit dem Internet in seiner jetzigen Form aufgewachsen ist, in die Entscheidungsgremien aufgerückt ist.
Es darf jeder durchrechnen wie lange das dauert. Wollen wir wirklich so LANGE warten?
In diesem Sinne,
euer Pirat
Mittwoch, 1. Februar 2012
Der nächste Krieg kommt. Bestimmt.
Hat jemand in letzter Zeit mal aufmerksam die Nachrichten aus dem Nahen Osten verfolgt? So in den letzten Wochen und Monaten?
Noch letztes Jahr um diese Zeit hingen wir alle an den Fernsehbildschirmen und verfolgten das, was inzwischen der Arabische Frühling heißt. Derzeit ist dieser in einer depressiv-regnerischen Phase: In Tunesien dümpelt die Revolution in Normalität vor sich hin, in Libyen ist die Lage immer noch instabil, in Ägypten scheinen die Militärs die Macht nicht wieder abgeben zu wollen, im Jemen konnte sich Saleh doch halten und in anderen arabischen Staaten hat sich die Sache schlicht fürs erste verlaufen. Und in der hiesigen Berichterstattung ist das Thema doch wieder sehr zurückgedrängt worden. Die Scheidung von Heidi Klum war neulich wichtiger.
Der einzige Staat, der noch Reden von sich macht, ist Syrien. Allerdings nicht mehr unter der Überschrift "Arabischer Frühling", sondern der Überschrift Bürgerkrieg.
Es ist in der Tat scheinbar zum Verzweifeln: Ähnlich wie in Libyen setzt der Diktator in Syrien - Assad - darauf, schlicht alle Opponenten einzukerkern und/oder zu töten. Soweit der einfache Teil. Der Rest ist kompliziert.
Es fängt schon damit an, daß unübersichtlich bleibt, noch unübersichtlicher als in Libyen, wer in Syrien eigentlich die Opposition ist. Zunächst schien diese bürgerlich zu sein, inzwischen gibt es militärische Einflüße durch desertierte Offiziere und Soldaten. Aber auch Islamisten brüsteten sich neulich damit, Einfluß nehmen zu wollen, wie der SPIEGEL online berichtete.
Noch vertrackter ist die außenpolitische Lage. Nach der hiesigen Berichterstattung stellt die sich etwa so da:
Die EU und die USA möchten Sanktionen gegen Assad verhängen. Einen militärischen Einsatz wünschen sie bisher - offiziell zumindest - nicht. Die Arabische Liga ist höchst verstimmt, wünscht ebenfalls Sanktionen und hat eine Beobachtermission in Syrien neulich erst abgebrochen. Man wünsche das Töten zu beenden. Heißt es. Die Exilführung der Hamas in Damaskus sucht derzeit wegen der dortigen Unruhen einen neuen Standort für ihren Sitz. Und Russland ist der einzige Staat, der noch offen der syrischen Regierung die Stange hält und nicht nur Sanktionen ablehnt, der Außenminister weigert sich sogar mit seiner US-Kollegin zu sprechen.
Das interessanteste war vor ein paar Wochen eine Überlegung aus Katar, man könnte ja Truppen in Syrien einsetzen...arabische wohlgemerkt. Seitdem ist das Verhältnis in der Region doch recht unterkühlt.
Doch die wirklichen Motivationen der Handelnden werden kaum kommuniziert. Denn mit offenen Karten spielt niemand. Am ehesten vielleicht noch Russland, das erst kürzlich Kriegsschiffe auf Freundschaftsbesuch in syrische Häfen schickte. Russland ist ganz offensichtlich nicht gewillt, seinen letzten wirklichen Verbündeten in der Region aufzugeben - egal wieviel Blut der an den Händen hat. Dahinter könnte auch der Gedanke stecken, das man bitte noch sichere Häfen im Mittelmeer haben möchte. Und natürlich einen treuen Käufer russischer Waffen. Aus Russlands Sicht ging durch Gaddafis Sturz ein Markt verloren, die großen Gewinner des libyschen Krieges durften westliche Waffenhersteller sein. Gleiches gilt für andere Wirtschaftssektoren. Im Nahen Osten hat Russland eigentlich nur noch zwei gute Kunden für hochtechnisierte Güter - Syrien und Iran.
Die beiden sind sowieso miteinander verbandelt. Ein Schelm, der böses dabei denkt.
Der Westen dagegen - inklusive der USA - scheut einen höheren Einsatz an Sanktionen nicht aus grundsätzlicher Friedfertigkeit, sondern schlicht aus Schwäche. Die Krise im Euro-Raum und die wirtschaftlichen Probleme in den USA lassen einen weiteren Krieg unattraktiv erscheinen. Zusammen mit der verbreiteten Antipathie in den jeweiligen Bevölkerung einen neuen Krieg zu führen ist das eine Mischung, die die Entscheidung zum Waffengang (vorerst) verhindert. Es wäre nicht kommunizierbar, mangelnder Rückhalt wäre für die Wiederwahl der regierenden Parteien nicht gut - die müssen grade in der EU schon genug darum bangen wegen der Eurokrise. Umso dringender braucht man Sanktionen als Feigenblatt. Und hofft, daß die Staaten der Region das regeln, während man sich auf die Abwicklung von Afghanistan und die Einschüchterung Irans konzentriert. Sorry, aber ist so.
Damit sind wir bei der Arabischen Liga. Die angeblich das Töten beenden will. Als wenn die Arabische Liga ein Hort von Menschenfreunden wäre. Schon vergessen? Vor einem Dreivierteljahr etwa, haben Streitkräfte der Arabischen Liga, vor allem Saudi-Arabiens, Bahrain dabei geholfen, den eigenen kleinen Aufstand niederzuknüppeln. Es ist schwer vorstellbar, daß die Scheichs auf einmal den Schutz von Leben für sich entdeckt haben. Es ist eher wahrscheinlich, daß handfeste strategische Interessen hinter der Fronthaltung gegen Assad stehen. Eine Schwächung des Assad-Regimes (oder gar seine Ersetzung) wäre für die Golfstaaten von Interesse, da damit indirekt Iran geschwächt würde. Nicht umsonst war es Katar, wo die Idee einer Intervention erstmals aufkam - ein kleiner Golfstaat, der mißtrauisch Iran auf der anderen Golfseite beobachtet. Bisher war Katar unter dem Schutz der USA, aber die USA sind nach Irak und Afghanistan eher geschwächt. Deshalb rüsten auch andere Golfstaat derzeit lieber selbst auf, anstatt sich auf die Schutzmacht allein zu verlassen.
Nicht umsonst eskalierte die diplomatische Lage mit Iran gerade jetzt, parallel zum Konflikt in Syrien. Die Drohung einer Blockade der Straße von Hormuz war wahrscheinlich nicht nur an den Westen adressiert, sondern auch an die arabischen Staaten - quasi eine Drohung mit einer zweiten Front. Es wurde nicht ausgesprochen, kann aber angenommen werden.
Auffallend wer bisher den Mund weitestgehend hielt: Israel. Israel hat aus den Geschehnissen in Ägypten die Erfahrung gezogen, daß man diesmal besser kein Öl ins Feuer gießt. Aber man kann sicher sein, daß Israel im geheimen längst Planspiele entwickelt hat, um auf jede Eventualität im Fall Syrien reagieren zu können.
Die Sache ist ja in der Tat so: Wer jetzt etwas falsches sagt oder tut in Sachen Syrien kann den nächsten Krieg auslösen. Doch hat Syrien mit Iran und der Hamas im Gegensatz zu Gaddafi Verbündete. Das könnte einen eventuellen Krieg um die Macht in Syrien eskalieren und ausweiten.
Bei den bisherigen Entwicklungen ist zu befürchten: Der nächste Krieg kommt. Bestimmt. Und wahrscheinlich bricht er in Syrien aus. Die für uns Deutsche wichtige Frage wird dann sein: Wird der Westen teilnehmen und wenn ja, in welcher Form. Da die Stabilität einer für Europa und den Westen wichtigen Region auf dem Spiel steht, auch - aber nicht nur - wegen der Ölversorgung, muß man sich dann auch in Deutschland der Tatsache stellen, daß man sich kaum ganz raushalten kann.
Es wäre zu hoffen, daß die Bundesregierung insgeheim dafür bereits Debatten führt, um überhaupt einen Plan zu haben. Schlecht ist aber, daß das Thema noch gar nicht öffentlich diskutiert wird - weder im Bundestag, noch in den Medien, etwa den Polittalkshows. Und das nicht aus vernünftigen außenpolitischen Gründen, sondern aus Feigheit vor dem Wähler. Angesichts der schlechten Umfragewerte der FDP und der Affäre um Wulff, die die schwarz-gelbe Mehrheit bedrohen, möchte es sich die Regierung vermutlich nicht leisten, ein so gehaßtes Thema wie das Thema Krieg schon wieder öffentlich anpacken zu müssen. Die gesammelte Ablehnung der Bevölkerung wäre sicher.
Sollte man in Westerwelles Außenamt und im Verteidigungsministerium aber wirklich noch nicht zu dem Thema Überlegungen angestellt haben, wäre dies zutiefst erschreckend und kurzsichtig.
Noch letztes Jahr um diese Zeit hingen wir alle an den Fernsehbildschirmen und verfolgten das, was inzwischen der Arabische Frühling heißt. Derzeit ist dieser in einer depressiv-regnerischen Phase: In Tunesien dümpelt die Revolution in Normalität vor sich hin, in Libyen ist die Lage immer noch instabil, in Ägypten scheinen die Militärs die Macht nicht wieder abgeben zu wollen, im Jemen konnte sich Saleh doch halten und in anderen arabischen Staaten hat sich die Sache schlicht fürs erste verlaufen. Und in der hiesigen Berichterstattung ist das Thema doch wieder sehr zurückgedrängt worden. Die Scheidung von Heidi Klum war neulich wichtiger.
Der einzige Staat, der noch Reden von sich macht, ist Syrien. Allerdings nicht mehr unter der Überschrift "Arabischer Frühling", sondern der Überschrift Bürgerkrieg.
Es ist in der Tat scheinbar zum Verzweifeln: Ähnlich wie in Libyen setzt der Diktator in Syrien - Assad - darauf, schlicht alle Opponenten einzukerkern und/oder zu töten. Soweit der einfache Teil. Der Rest ist kompliziert.
Es fängt schon damit an, daß unübersichtlich bleibt, noch unübersichtlicher als in Libyen, wer in Syrien eigentlich die Opposition ist. Zunächst schien diese bürgerlich zu sein, inzwischen gibt es militärische Einflüße durch desertierte Offiziere und Soldaten. Aber auch Islamisten brüsteten sich neulich damit, Einfluß nehmen zu wollen, wie der SPIEGEL online berichtete.
Noch vertrackter ist die außenpolitische Lage. Nach der hiesigen Berichterstattung stellt die sich etwa so da:
Die EU und die USA möchten Sanktionen gegen Assad verhängen. Einen militärischen Einsatz wünschen sie bisher - offiziell zumindest - nicht. Die Arabische Liga ist höchst verstimmt, wünscht ebenfalls Sanktionen und hat eine Beobachtermission in Syrien neulich erst abgebrochen. Man wünsche das Töten zu beenden. Heißt es. Die Exilführung der Hamas in Damaskus sucht derzeit wegen der dortigen Unruhen einen neuen Standort für ihren Sitz. Und Russland ist der einzige Staat, der noch offen der syrischen Regierung die Stange hält und nicht nur Sanktionen ablehnt, der Außenminister weigert sich sogar mit seiner US-Kollegin zu sprechen.
Das interessanteste war vor ein paar Wochen eine Überlegung aus Katar, man könnte ja Truppen in Syrien einsetzen...arabische wohlgemerkt. Seitdem ist das Verhältnis in der Region doch recht unterkühlt.
Doch die wirklichen Motivationen der Handelnden werden kaum kommuniziert. Denn mit offenen Karten spielt niemand. Am ehesten vielleicht noch Russland, das erst kürzlich Kriegsschiffe auf Freundschaftsbesuch in syrische Häfen schickte. Russland ist ganz offensichtlich nicht gewillt, seinen letzten wirklichen Verbündeten in der Region aufzugeben - egal wieviel Blut der an den Händen hat. Dahinter könnte auch der Gedanke stecken, das man bitte noch sichere Häfen im Mittelmeer haben möchte. Und natürlich einen treuen Käufer russischer Waffen. Aus Russlands Sicht ging durch Gaddafis Sturz ein Markt verloren, die großen Gewinner des libyschen Krieges durften westliche Waffenhersteller sein. Gleiches gilt für andere Wirtschaftssektoren. Im Nahen Osten hat Russland eigentlich nur noch zwei gute Kunden für hochtechnisierte Güter - Syrien und Iran.
Die beiden sind sowieso miteinander verbandelt. Ein Schelm, der böses dabei denkt.
Der Westen dagegen - inklusive der USA - scheut einen höheren Einsatz an Sanktionen nicht aus grundsätzlicher Friedfertigkeit, sondern schlicht aus Schwäche. Die Krise im Euro-Raum und die wirtschaftlichen Probleme in den USA lassen einen weiteren Krieg unattraktiv erscheinen. Zusammen mit der verbreiteten Antipathie in den jeweiligen Bevölkerung einen neuen Krieg zu führen ist das eine Mischung, die die Entscheidung zum Waffengang (vorerst) verhindert. Es wäre nicht kommunizierbar, mangelnder Rückhalt wäre für die Wiederwahl der regierenden Parteien nicht gut - die müssen grade in der EU schon genug darum bangen wegen der Eurokrise. Umso dringender braucht man Sanktionen als Feigenblatt. Und hofft, daß die Staaten der Region das regeln, während man sich auf die Abwicklung von Afghanistan und die Einschüchterung Irans konzentriert. Sorry, aber ist so.
Damit sind wir bei der Arabischen Liga. Die angeblich das Töten beenden will. Als wenn die Arabische Liga ein Hort von Menschenfreunden wäre. Schon vergessen? Vor einem Dreivierteljahr etwa, haben Streitkräfte der Arabischen Liga, vor allem Saudi-Arabiens, Bahrain dabei geholfen, den eigenen kleinen Aufstand niederzuknüppeln. Es ist schwer vorstellbar, daß die Scheichs auf einmal den Schutz von Leben für sich entdeckt haben. Es ist eher wahrscheinlich, daß handfeste strategische Interessen hinter der Fronthaltung gegen Assad stehen. Eine Schwächung des Assad-Regimes (oder gar seine Ersetzung) wäre für die Golfstaaten von Interesse, da damit indirekt Iran geschwächt würde. Nicht umsonst war es Katar, wo die Idee einer Intervention erstmals aufkam - ein kleiner Golfstaat, der mißtrauisch Iran auf der anderen Golfseite beobachtet. Bisher war Katar unter dem Schutz der USA, aber die USA sind nach Irak und Afghanistan eher geschwächt. Deshalb rüsten auch andere Golfstaat derzeit lieber selbst auf, anstatt sich auf die Schutzmacht allein zu verlassen.
Nicht umsonst eskalierte die diplomatische Lage mit Iran gerade jetzt, parallel zum Konflikt in Syrien. Die Drohung einer Blockade der Straße von Hormuz war wahrscheinlich nicht nur an den Westen adressiert, sondern auch an die arabischen Staaten - quasi eine Drohung mit einer zweiten Front. Es wurde nicht ausgesprochen, kann aber angenommen werden.
Auffallend wer bisher den Mund weitestgehend hielt: Israel. Israel hat aus den Geschehnissen in Ägypten die Erfahrung gezogen, daß man diesmal besser kein Öl ins Feuer gießt. Aber man kann sicher sein, daß Israel im geheimen längst Planspiele entwickelt hat, um auf jede Eventualität im Fall Syrien reagieren zu können.
Die Sache ist ja in der Tat so: Wer jetzt etwas falsches sagt oder tut in Sachen Syrien kann den nächsten Krieg auslösen. Doch hat Syrien mit Iran und der Hamas im Gegensatz zu Gaddafi Verbündete. Das könnte einen eventuellen Krieg um die Macht in Syrien eskalieren und ausweiten.
Bei den bisherigen Entwicklungen ist zu befürchten: Der nächste Krieg kommt. Bestimmt. Und wahrscheinlich bricht er in Syrien aus. Die für uns Deutsche wichtige Frage wird dann sein: Wird der Westen teilnehmen und wenn ja, in welcher Form. Da die Stabilität einer für Europa und den Westen wichtigen Region auf dem Spiel steht, auch - aber nicht nur - wegen der Ölversorgung, muß man sich dann auch in Deutschland der Tatsache stellen, daß man sich kaum ganz raushalten kann.
Es wäre zu hoffen, daß die Bundesregierung insgeheim dafür bereits Debatten führt, um überhaupt einen Plan zu haben. Schlecht ist aber, daß das Thema noch gar nicht öffentlich diskutiert wird - weder im Bundestag, noch in den Medien, etwa den Polittalkshows. Und das nicht aus vernünftigen außenpolitischen Gründen, sondern aus Feigheit vor dem Wähler. Angesichts der schlechten Umfragewerte der FDP und der Affäre um Wulff, die die schwarz-gelbe Mehrheit bedrohen, möchte es sich die Regierung vermutlich nicht leisten, ein so gehaßtes Thema wie das Thema Krieg schon wieder öffentlich anpacken zu müssen. Die gesammelte Ablehnung der Bevölkerung wäre sicher.
Sollte man in Westerwelles Außenamt und im Verteidigungsministerium aber wirklich noch nicht zu dem Thema Überlegungen angestellt haben, wäre dies zutiefst erschreckend und kurzsichtig.
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