Gästebuch

Samstag, 28. Mai 2011

Die Taverne deckt auf: Der Ursprung von EHEC

Na, heute schon geschissen?
Am besten aus Angst vor EHEC in die Hose, am schlechtesten wegen EHEC im Darm?

Wir hoffen es mal nicht!
Wieder geht eine Seuche um und diesmal heißt sie EHEC, eine vermutlich nicht ganz zufällig an das Wort "Ehe" erinnernde Abkürzung, die für Enterohämorrhagische Escherichia coli steht. Wirklich übel, auch wenn die Altvorderen abwiegeln man solle "sich nicht so anstellen, mit Dünnpfiff von der Ruhr haben wir damals auch vor Tobruk noch den Tommy erschlagen".

Aber jetzt ist das hier und jetzt und alles sucht hektisch nach der Quelle der Epidemie. Zunächst sah es schwer nach deutschem Gemüse aus, nun erstmal mehr nach spanischen Gurken. Die haben sich schließlich noch nie an den EU-Krümmungsfaktor gehalten - verdächtig, verdächtig! Wahrscheinlich ist das die Rache der Südländer für Merkels Ausfälle bezüglich Arbeitszeiten und Urlaub...

Aber! Das Tavernenteam hat herausgefunden, woher die Seuche kam. Es ist so offensichtlich, man traut seinen Augen kaum.
Der Ursprung ist die FDP. Nicht nur wegen geistigem Dünnpfiff und weil sie den Guido in die Kloake entsorgt haben - das mußte ja alles kontaminieren. Auch nicht, weil FDP-Wähler sich genauso gesellschaftlich isolieren wie EHEC-Infizierte. Nein, der wirkliche Beweis ist eine Indiskretion, die vor geraumer Zeit dem CSU-Generalsekretär Dobrindt entschlüpfte....der geneigte Leser wird sich vielleicht erinnern? Laut Dobrindt ist die FDP eine "gesundheitspolitische Gurkentruppe". Na? Klingelts? Das war keine Beleidigung. Da hätte Dobrindt fast das große Geheimnis ausgeplaudert.
Ungewaschene Gurken sind EHEC-Träger. Tja. Hätte man damals auf Dobrindt gehört! Säßen heute weniger Leute aufm Klo!

Aber genau wie die FDP wird auch die EHEC bald unter die 5 % -Hürde rutschen und aus den Schlagzeilen verschwinden.
Man kann also beruhigt sein!

Mittwoch, 25. Mai 2011

Erinnerung an eine andere Welt

Ahoi zusammen.

Manchmal können Piraten richtig nostalgisch werden. Ehrlich. Wir gehen sogar auf Klassentreffen.
Neulich hatte ich Treffen mit meiner früheren Abistufe - immerhin ist unser Abschluß 10 Jahre her. Die meisten hab ich mindestens 4 oder 5 Jahre nicht gesehen.
Es wurde eines jener Treffen, bei denen man auf einmal den kalten Hauch der verstrichenen Zeit am Rückgrat merkt. Und bei denen einem auffällt: Die Welt ist eine andere geworden.

Nichtmal weil wir alle uns groß verändert hätten. Viele meiner früheren Stufenkollegen sehen noch auf verblüffende Weise ihrem jüngeren Ich erstaunlich ähnlich. Und als wir uns gegenüberstanden, war auch sofort der alte Draht zueinander wieder da. Es war für kurze Momente fast so, als hätte es all die Jahre nicht gegeben. Beim Blödsinn bauen und Weiber abchecken waren wir Kerle immer noch ein eingespieltes Team.
Eine unserer Damen haute immer noch die selben blöden Sprüche raus wie damals. Das eine andere Dame ihre kleine 14monatige Tochter dabei hatte schien zunächst die einzige Remineszenz an die verstrichene Zeit zu sein. Meine türkischen und iranischen Klassenkameraden von damals neigten nämlich auch noch nicht zu vorzeitiger Ergrauung.

Zwei Dinge waren es, die einen auf den Boden der Tatsachen zurückholten.
Wir hatten in einem Restaurant/Bistro ein paar Tische reserviert. Nun, direkt neben uns war ebenfalls ein Tisch reserviert. Dort stieg eine Geburtstagsfeier für ein Mädel, das grad 18 wurde. Was soll ich sagen? Zwei Kerle und ansonsten etwa 20 Hühner auf der Stange. Sicher, einige der Mädels waren sehr nett anzusehen und hatten wirklich tolle Beine - wie dank herrenfreundlicher Miniröcke für uns alte Hasen sofort erkennbar. Aber es waren eben doch - Kinder. Gacker, gacker, gacker. Es sei ihnen umbenommen. Das Bild wird klarer, wenn man sich den Rest besah: Aufgetakelt bis zum Erbrechen. Die jungen künftigen Hennen (um bei der Federviehanalogie zu bleiben) sahen aus wie die gerade auf Silvios Bunga-Bunga-Party angekommen Hostessen. Glitzer hier, Glitzer da, Haare vom Exklusivstylisten zurechtgezubbelt, feinste Abendkleider und Blusen mit Ausschnitt mit reichlich Schmuck. Mein erster Verdacht war ja irgendwie, das wären die Töchter höherer Kreise, denn genauso so das Ganze aus, also wie man sich diese High Society-Hochglanz-Parties aus Beverly Hills 90210 zu meiner Jugendzeit so vorstellte. Zuerst tröstete ich mich mit diesem Gedanken. Bis mich eine hartnäckige gerade aus ihrem Winterschlaf erwachte Synapse dran erinnerte, daß ich bereits auf High Society-Parties war. Und die Leute da nicht so aussehen. Sie sehen eigentlich nur so aus, wenn Bunga Bunga ansteht oder wenn die weniger Privilegierten ihre Vorstellungen wie so etwas auszusehen hat, nachspielen.
Verdammte Scheiße - das waren normale Schülerinnen von heute und offenbar gehörte dieser Feierstil zum guten Ton. Was sich so gut nennt. Für einen 18. Geburtstag fand ichs lahm.
Während ich noch so drüber nachdachte, bemerkte mein iranischer Kollege B. gegenüber von mir: "Unsere Mädels damals waren irgendwie anders."
Da wurde das Messer namens Wehmut soeben nochmal umgedreht.
Ja, unsere Mädels damals waren anders. Sogar im Abendkleid bodenständiger und spannender als die jungen Hühner. Sicher, unsere Mädels damals waren nicht alle so runtergehungert wie die 20 kichernden Pseudo-Topmodels. Aber dafür hatte man(n) damals zur Abizeit noch das Gefühl, sie hätten einem mehr zu sagen als "Schau mal, mein neues App! Hihihihi!" und "Zalandoooo!! AAAAAAAAAHHHH!".
Natürlich haben wir viel Unsinn gebaut, auch unsere Mädels. Wir haben damals, lange vor Erfindung des Begriffs Komasaufen, Literzahlen an Alkohol vernichtet, die heutige Komasäufer wie Weicheier dastehen lassen. Wir haben uns auch mal vollgekotzt. Aber keine Ahnung, unsere Parties produzierten Geschichten, die uns noch heute was vom Leben lehren und wenn es das ist, daß man nicht zu oft den Porzellangott anbeten sollte. Wir wissen wovon wir sprechen.
Diese Geburtstagsparty daneben uns war irgendwie...Hochglanz, aber wenn man dann im Hotel ist, stellt man fest, der Strand ist weiter weg als 15 m.
Mit Schrecken stellten wir uns vor, daß diese Art zu feiern neben dem sinnlosen Komasaufen (der Unterschied zu uns damals: Wir tranken viel weil wir feierten; heute wird gefeiert weil viel getrunken wird - ja, das ist ein wichtiger Unterschied im Verständnis) der neue jugendliche Standard ist. Ein Leben im Hochglanzprospekt. Wir sehnten uns unsere alte Zeit herbei. Es war nicht alles Hochglanz, aber es hatte irgendwie einen anderen Wert.
Unser türkischer Versicherungsvertreter S. warf in diese Überlegungen ein, was den heutigen Zustand traf: Dekadent.
Das war es, was sich da neben uns abspielte: Dekadent. Wir stellten fest, daß wir schon damals damit nix hätten anfangen können. Wir kamen wohl aus einer zu anderen Zeit. Aus einer Zeit, als Parties noch das waren, was sie sein sollten: Überraschend, rauh, irgendwie unzivilisiert, einfach und unaufgesetzt.

Das war das eine. Das andere brachten wir uns quasi selber mit zum Wehmütig sein. Irgendwann haben einige Leutchens alte Fotos ausgepackt. Von unseren Klassenfahrten, unseren wilden Feten, vom Schulsport. Man bewunderte nochmal meine Abwesenheit auf Fotos, S. schiefes Grinsen und I.s bemerkenswerten Ausschnitt. Und das T., genannt "Schluckspecht", irgendwie immer ne Bierflasche in der Hand hatte. Sowas halt.
Genau, man reichte rum! Es waren Fotos auf Papier! (Hochglanz sogar...was für eine Ironie). Richtige Abzüge. Das letzte Mal hatte ich sowas vor bestimmt 9 Jahren in der Hand.
Als ich einige dieser Bilder in Händen hielt, platzte es aus mir heraus: "Leute, das sind ja noch Abzüge. Diese Fotos wurden noch analog gemacht. Vor gerade mal 10 Jahren."
Stille breitete sich aus und alle schauten sich an.
Heute macht niemand mehr von uns Fotos, um dann einen Film zum Entwickler zu bringen. Alles nur noch digital. Fotos heute werden nicht mehr bei Klassentreffen mitgebracht und rumgereicht. Man verschickt sie per Mail (wie ich es nach dem Treffen mit von mir geschossenen Bildern tat) oder teilt sie via Facebook.
Wenn man nicht wüßte, daß das eine der Entwicklungsschritt vor dem anderen war, könnte man meinen man hat es mit zwei ganz verschiedenen Kulturen von verschiedenen Planeten zu tun.
Die jungen Mädels von dem Geburtstag neben uns wissen wahrscheinlich zum größten Teil nichtmal mehr, das man früher Fotos entwickeln lassen mußte und erst danach wußte wie ein Bild aussah. Ob sie noch das Wort "Abzüge" kennen? Irgendwie zweifelhaft.
In meiner Generation steckt man auch schon so sehr im digitalen Zeitalter, daß man kaum darüber nachdenkt, außer in Momenten wie diesen.
Und dann merkt man auf einmal was diese 10 Jahre bedeutet haben und das eben doch alles anders ist. Man verstehe mich nicht falsch - zumindest den technischen Fortschritt will ich nicht zwingend zurückführen wollen (ich würde mir nur manchmal wünschen, die Leute würden ein bissel mehr nachdenken bei der Nutzung der digitalen Medien). Es war einfach nur so überwältigend, plötzlich zum Greifen vor sich zu haben (in Form dieser Abzüge), wie massiv sich doch alles gewandelt hat.

Der Abend endete aber auch für meine Wehmut versöhnlich. Denn eines hatte sich dann doch nicht geändert. Der Gemeinschaftsgeist, der Korpsgeist der zum Klassentreffen erschienenen Mitabiturienten von damals. Wie gesagt: Sofort wieder die alte Wellenlänge wie damals. Menschlich ist da etwas erhalten geblieben.
Und das ist dann doch eine ganze Menge wert.

So long - Pirat

Dienstag, 24. Mai 2011

Überwachungsposse in Köln

In Köln ticken die Uhren anders...hört man zumindest immer wieder. Für den Karneval gilt das definitiv, aber auch im sonstigen Jahr hat man manchmal so seine Momente, wo man sich denkt, der ein oder andere kölnische Mitbürger hat zu tief ins Kölschglas geschaut.

In den letzten Wochen wurde Köln Schauplatz einer sicherheitspolitischen Posse, die es so in München z.B. wohl nicht gäbe.
Es geht um Überwachung. Der geneigte Leser weiß sicherlich was ich meine: Das oft diskutierte Thema, wieweit man die Bürger überwachen darf, z.B. mit Kameras, um sie mutmaßlich vor Kriminalität zu schützen. Zumindest erleichtert das die Aufklärung von Delikten. In England ist das ja längst gang und gäbe. London ist diesbezüglich inzwischen totalüberwacht.
Wir Deutschen kennen dies zumindest von Bahnhöfen und öffentlichen Gebäuden.

So hat sich auch niemand was dabei gedacht, das die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) in den U-Bahnstationen Kameras installiert. In den Straßenbahnen selbst gibts die ja auch schon. Niemand dachte sich was dabei.
Bis der Ernstfall eintrat. Ein Obdachloser wurde totgeschlagen. In einer U-Bahnstation.
Und die Polizei kam auf den naheliegenden Einfall, die KVB nach den Kameraaufnahmen zu fragen.

Die KVB muß sich aber gedacht haben, die Polizei müsse völlig irre sein. Denn Aufnahmen gab es angeblich nicht. Und ganz Köln fragte sich fortan: WIE BITTE? Die Debatte darum beschäftigt die U-Bahn-Nutzer Kölns nun seit bestimmt drei Wochen. Die Informationshäppchen der KVB lassen sich in folgende Phasen einteilen:

1. Es gibt keine Aufnahmen. Die Kameras hängen zwar da, sind aber nicht eingeschaltet.
2. Ach, aber wenn man am Notrufterminal in der U-Bahnstation auf den Knopf drückt werden die Kameras eingeschaltet! Ah, so ist das! Bringt im vorliegenden Fall aber nix.
3. Wir erwägen die Kameras einzuschalten.
4. Wir haben Aufnahmen des Verbrechens gefunden. Als unsere Techniker die Kameras für den Dauerbetrieb bereit machen wollten, stellten wir fest, daß sie doch am besagten Tag testweise eingeschaltet waren (!).
5. Die Kameras werden künftig eingeschaltet und Mitarbeiter werden die Live-Übertragungen verfolgen.

Andernorts machen sich die Leute Sorgen, zu sehr überwacht zu werden. Hier in Köln muß man fürchten, daß Überwachung nur vorgetäuscht wird und man das auch noch ausbaden darf. Vor allem wenn die da oben nichtmal merken, daß sie doch überwachen...äh...ja, willkommen in Absurdistan.
Für die Mitverfolgung der Liveübertragungen werden immerhin dann sicher neue Mitarbeiter eingestellt, was die Zahl der hiesigen Arbeitslosen verringert. Allerdings darf man sicher sein, daß man das dafür erforderliche Geld dann am Fahrkartenautomat blechen darf. Wir KVB-leidgeprüften Kölner kennen das ja.

Und übrigens: Nachdem die dann doch entdeckten Aufnahmen von der Polizei ausgewertet und zur Fahndung verwendet worden waren, wurde einer der Täter binnen Tagen festgenommen. Jetzt muß man nur noch hoffen, daß man keinen zu pädagogisch veranlagten Richter für diesen Fall einsetzt...

Willkommen in Köln. Hier ticken die Uhren...pardon: die Kameras anders!

Sonntag, 22. Mai 2011

Klein Asmos Streik beendet...

Also der Kleine Asmo und ich, wir haben uns da auf was geeinigt. Er darf sich bei Facebook anmelden. Er darf aber keine dieser Apps dort benutzen. Und er soll die Taverne nur ja da raushalten. Und er spielt Postbote, wenns Nachrichten für mich gibt, weil irgendjemand nicht an sich halten kann.

Und jetzt weiß ich auch warum Klein Asmo so wild darauf war. Er will Kontakt mit den beiden Damen aufnehmen, die ihn bei mir zurückließen. Quasi Wurzelsuche wenn man so will. Und nebenbei einen Harem aufbauen.
Er ist halt ein kleiner triebhafter Kerl, der Kleine Asmo.

Ich werde das Ganze mal als soziologisches Experiment betrachten. Vielleicht entdecke ich dabei ja einen Ansatzpunkt um Facebook fertig zu machen. Muhahahaha.

Samstag, 21. Mai 2011

Schiefer Aussegen in der Taverne!

So, einige von euch wundern sich vielleicht warum manches hier so langsam weitergeht.

Der Grund ist einfach: Der Kleine Asmo streikt. Und schmollt. Und ist nicht aus seinem Zimmer zu kriegen.
Er hat das Zimmer doch tatsächlich kurzerhand in Tahrir-Platz umgetauft und mich zum Potentaten erklärt.
Und das nur, weil ich ihm verboten hab sich bei Facebook anzumelden.

Ich weiß nicht was alle an dem Ding finden. Die meisten Facebook-Nutzer in meinem Bekanntenkreis berichten vor allem immer davon, daß es ihnen eigentlich auf den Senkel geht. Und die Datenschutzbelange sind da noch gar nicht mit drin...ich mags jedenfalls nicht. Und ich will auch nicht, daß Klein Asmo sich da anmeldet. Auch wenn sich neulich vor allem die Damen auf seine Seite schlugen. Was auch immer die Damen an einem pinken fünfäugigen Knirps mit Dildo aufm Schädel finden. Jedenfalls ist mir sowas wie Facebook, wo von heute auf morgen alle begeistert sind, sehr suspekt. Eben weil auf einmal alle dahin rennen. Das erregt immer erstmal mein geballtes Mißtrauen und wenn jemand mißtrauisch ist, dann ist das ein Pirat.

Ich muß mir mal überlegen was ich in der Sache unternehme. So kann das ja nicht weitergehen. Also das der Kleine Asmo streikt. Werd mir wahrscheinlich irgendeinen Kompromiss überlegen müssen. *narg*

Bis dahin muß ich selbst den Türsteher der Taverne machen. *narg*

Dienstag, 17. Mai 2011

Man sollte vorsichtig sein mit seinen Wünschen...

Mein Vater hat mir schon als Leichtmatrosenknirps immer eingebläut: Sei vorsichtig mit Deinen Wünschen. Sie könnten in Erfüllung gehen. Klein-Pirat hat sich da natürlich erstmal nur gedacht: Wieso dann vorsichtig sein? Ist doch gut! Erst wesentlich später habe ich gelernt, daß die Erfüllung unserer Wünsche auch ungeahnte Implikationen und Konsequenzen mit sich bringen kann. Die unter Umständen weniger toll sind.
Und wer formuliert seine Wünsche schon immer so exakt und genau, daß sowas völlig ausgeschlossen ist.
In einer Akte X-Folge wurde das wunderbar dargestellt. Die Hauptfigur Mulder wünschte sich Frieden auf Erden...und fand sich als einziger Mensch auf einem ansonsten leeren Planeten wieder. Ist dumm, wenn man zumindest die nette Kollegin Scully zum quatschen und poppen gern dabei hätte...

Man sollte sich daher immer bewußt machen: Wer einen Wunsch erfüllt haben will, muß auch mit den Konsequenzen leben können. Ohne wenn und aber und vor allem ohne nachträgliches Jammern.

Die derzeitige Nordafrika-und Nahostpolitik - in der Taverne wurde bereits mehrfach über das Thema berichtet, wenn auch zuletzt seltener als ich mir gewünscht hätte - bietet mal wieder ein gutes Paradebeispiel dafür.
Wie gestern berichtet wurde, hat der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs einen Haftbefehl gegen Gaddafi beantragt. Das löste nicht nur bei den libyschen Aufständischen Jubel aus. Auch Menschenrechtler feiern dies als einen Fortschritt in Sachen Menschenrechte und auch bei westlichen Regierungen wurde dies überwiegend begrüßt.
Der Wunsch ist auch sehr verständlich, auch ich habe ihn: Diktatoren wie Gaddafi müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden, was sie verbrochen haben. Spätestens seit den Nürnberger Prozessen ist dies eigentlich ein weit verbreiteter Wunschtraum, der nur bisher meist hinter pragmatischer Tages-und Machtpolitik zurücktrat. Angesichts der gestürzten Herrscher in Tunesien und Ägypten ist die Verwirklichung dieses Wunsches wieder aktuell geworden.
Etwas untergegangen ist dabei, daß gegen den sudanesischen Präsidenten Baschir bereits seit 2010 ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vorliegt. Was auch damals von vielen durchaus begrüßt wurde.

Die Logik ist auch bestechend. Wenn Otto-Normalbürger jemanden umbringt oder sonstwie bedrängt, wird er verhaftet und kommt vor Gericht. Für so ungeheuerliche Verbrechen wie sie Diktatoren meist aufm Gewissen haben, sollte das durchaus auch gelten.
Klar. Bin ich voll dabei. Nur merke ich immer wieder, daß den meisten nicht klar ist, was dieser Wunsch impliziert.

Also, kommen wir zu den unschönen Seiten dieses Wunsches. Diese betreffen vor allem seine praktische Umsetzung. Der Internationale Strafgerichtshof bräuchte ein Exekutivorgan, daß Haftbefehle vollstreckt. Bisher heißt es, daß müßten halt die Staaten selbst machen. Man denkt dabei daran, daß die Bevölkerung selbst den Typen festsetzt oder aber andere Staaten wenn ein Angeklagter diese besucht. Beides stößt an seine Grenzen:
Das die unterjochte Bevölkerung in der Lage ist, eine Festnahme zu schaffen oder zu erzwingen, wie jüngst in Ägypten z.B. bleibt eher die Ausnahme. Wäre das so einfach, würden sich Diktatoren kaum so lange halten. Und andere Staaten? Die wenigsten Diktatoren sind so blöd, einen Staat zu besuchen, der das tatsächlich machen würde. Und machen tun das nur Staaten, die das machtpolitisch für opportun halten. Im Falle Baschirs bedeutet das, das er durch Afrika tingeln kann und sicher sein darf, daß ihn kein Amtskollege festsetzt. Schon allein um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Für Gaddafi darf man wahrscheinlich vergleichbares vermuten.
Damit werden diese Anklagen überwiegend zu Symbolpolitik. Außer man ergreift die Alternative: Staaten mit entsprechendem Willen erledigen den Zugriff. Das hat es verschiedentlich gegeben. Auf dem Balkan z.B. Oder auch in Westafrika und im Kongo, wo UNO-Truppen Milizführer verhafteten. Ein Ausnahmefall war die Festnahme von Charles Taylor in Westafrika - ein echt großer Fisch, weil immerhin ein Ex-Staatsführer. Sogar durch regionale Behörden. Man darf vermuten auf wirtschaftlichen Druck.
Ein weiterer Ausnahmefall war Saddam Hussein, der von den USA 2004 festgenommen wurde und dann von einem irakischen Gericht abgeurteilt wurde.

Bereits diese Fälle machen die Krux offenbar: Auf dem Balkan hat man nur mit wirtschaftlichen Sanktionen und einem Eingreifen in den Krieg in Bosnien die Voraussetzungen für eine Festnahme schaffen können. In Afrika erwischt es überwiegend die Milizführer, die auf der Verliererseite der jeweiligen Bürgerkriege standen. Auch Charles Taylor hatte den Krieg verloren. Und der Fall Saddam Hussein - nun ja, ohne den Krieg von 2003 hätte der Typ wahrscheinlich nie ein Gericht von der Angeklagtenbank aus gesehen.
Letztlich bleibt die Festnahme ein massiver Eingriff in die Souveränität des betroffenen Staates. Vor allem wenn die Zielperson noch an der Staatsspitze steht. Ein Kommandounternehmen wie gegen Bin Laden, zumal das ja nicht zum gewünschten Gerichtsverfahren führte (und Bin Laden war auch kein amtierender Staatschef) ist nicht minder riskant. An die meisten Diktatoren ist auch so kaum ein rankommen wegen der hohen Sicherheitsmaßnahmen.
Meist durfte es nur massiver gehen.
Ums mal beim Namen zu nennen: Das bedeutet Krieg. Ein Gaddafi wehrt sich. Wir sehen es ja. Auf Teufel komm raus. Man wird ihn nicht mit warmen Worten vors Gericht komplimentieren können. Ein Otto-Normal-Straftäter widersetzt sich auch oft und muß dann von Polizisten mehr oder weniger gewaltsam niedergerungen werden. Übertragen auf Diktatoren und Staaten bedeutet das: Krieg.

Das stößt auf verschiedentliche Probleme. Zum einen ist das Völkerrecht sehr indifferent diesbezüglich. Eigentlich kann nur der UN-Sicherheitsrat zum Waffengang ermächtigen (wenn ein Diktator nicht grade so dumm ist einen stärkeren Feindstaat als erster anzugreifen) und bis das der Fall ist...meistens friert eher die Hölle zu. Die Resolution in Sachen Libyen war da echt schon ein überraschender Ausnahmefall und selbst diese sieht nicht vor, Gaddafi festzunehmen und vor Gericht zu zerren. Alles andere jedenfalls ist ein Angriffskrieg, mit dem man sich selbst ins Unrecht setzt...völkerrechtlich gesehen. Das war z.B. 2003 im Irak der Fall. Mit dem Internationalen Strafgerichtshof wird also völkerrechtlich ein Anspruch erhoben, dessen konsequente Durchsetzung in den bisherigen Anfängen stecken bleibt, weil eben jenes Völkerrecht dieser Durchsetzung zum Teil konträr entgegenwirkt.
Da helfen alle juristischen Schönfärbereien nicht drüber hinweg. Ich will die bisherigen Erfolge des Gerichtshofs nicht schmälern, aber da ist noch Luft nach oben. Die wird ihm aber genommen, da keine Institution und kein Staat derzeit gewillt ist, daß Völkerrecht diesbezüglich konsequent weiterzuentwickeln (das die UNO seit kurzem zum Schutz der Bevölkerung eingreifen darf, ist ja auch eher eine laue Weiterentwicklung). Das hat zwei Gründe:
1. Keine Regierung will einen Präzedenzfall schaffen, es könnte sie selbst treffen. Egal wie man das System gestaltet, jede Regierung fürchtet selbst irgendwann auf der Abschußliste zu stehen und ihre Macht zu verlieren. Dies mag für demokratische Regierungen weniger als für die undemokratischen Regierungen gelten, aber nun ja, letztere bilden derzeit die Mehrheit.
2. Man bräuchte eigentlich eine militärische Weltpolizei. Das will aber eigentlich keiner mehr machen. Die USA hätten das mal gut machen können, aber wer immer es macht wird in Verruf geraten, daß haben alle spätestens seit 2003 gelernt. Und es kostet eigene Kohle, eigenes Blut...neee...unschön! Das kriegt man in einer Demokratie auch den Wählern daheim nicht verkauft.

Was zum anderen Punkt führt: Die selben Meinungsmacher, die die Anklage Gaddafis feiern und natürlich gerne jeden Diktator festnehmen würden, sind meistens auch eher pazifistisch gesinnt. Oder lehnen zumindest jeden Militäreinsatz von außen ab. Der Einsicht, daß die Festnahme etwa Gaddafis Krieg erfordert, verweigert man sich. Man hätte gern beides: Gerechtigkeit und Frieden. Und das beides sofort und gleichzeitig. Im Ernst: Das wäre mir auch lieber. Natürlich! Man müßte verrückt sein, wenn man das nicht wollen würde.
Nur kollidieren in diesem Fall offenkundig die Wünsche miteinander, will man sie in die Realität umsetzen.

Ja, man sollte vorsichtig sein, was man sich wünscht. Man kann auch nicht alles auf einmal haben.
Eine andere Lebensweisheit, diesmal von meinen Großeltern ergänzt das sehr gut: Manchmal muß es erst schlimmer werden, bevor es besser wird.

Die derzeitigen Entwicklung in Nordafrika sollten dazu anregen diese Problematik mal zu überdenken. Nichts zeigt mehr auf wie der Fall Gaddafi, daß das bisherige Völkerrecht an seine Grenzen stößt.

In diesem nachdenklichen Sinne - euer Pirat

Samstag, 14. Mai 2011

Beitrag 100: Mein Leben ohne Handy

Ahoi!

Wie von der äußerst liebenswürdigen und hinreißenden Anna gewünscht, gibts als 100. Beitrag hier einige kurzweilige Worte zu meinem Leben ohne - Handy.
Ja, genau. Ich besitze kein Handy, geschweige denn ein SmartPhone.
Ich hatte mal eins. Etwa 3 Jahre lang. Meine damalige Freundin hatte es mir aufs Auge gedrückt, mit den Worten: Wenn Du erstmal eins hast, wirst Du es lieben lernen.
Wie so vieles was sie mir sagte, bewahrheitete sich auch dies nicht. Im Gegenteil. Ich hab die Dinger haßen gelernt. Schlucken viel zu viel Geld. Was auch daran liegt, daß ich jeden Cent, den man reininvestiert für verschwendet halte. Investier ich lieber in ne Pulle Rum oder einen guten Scotch. Da weiß ich wenigstens was ich kriege.

Es wurde mir gesagt, Handys hätten so viele Vorteile. Man ist immer erreichbar, immer in Kontakt und überhaupt wenn man in Nöten ist kann man Hilfe rufen.
Nun habe ich kein Handy. Erstaunlicherweise habe ich trotzdem ein Sozialleben. Dieses bestreite ich allerdings nicht dadurch, meine Umgebung in der U-Bahn mit meiner Hälfte eines Gesprächs verbal zu belästigen. Meldungen nach dem Motto "Ich bin grad an der vorletzten Haltestelle vor Deiner vorvorletzten bis in vier Minuten!" empfinde ich als schwer unnötig. Auch als SMS.
Ich rufe bevorzugt sowieso an - seit dem mein damaliges Ende regelmäßig SMS in den leeren Äther schleuderte, die aber nicht ankamen, was mehr als einen Ehekrach zur Folge hatte. Festnetz reicht mir zum Telefonieren. Da weiß ich dann ob ich jemanden wirklich erreicht hab oder nicht. Lustigerweise erreich ich viele Leute auf ihrem Handy höchst selten. Via Internet und Festnetz bin ich erreichbar genug. Sonstige Gespräche führe ich lieber Face to Face. Wenn ich nicht daheim bin, halte ich es wie in der Vorhandy-Zeit: Dann bin ich unterwegs, habe damit zu tun und bin daher sowieso nicht zu sprechen. Bei mir gilt: Wer was dringendes von mir will, ruft nochmal an.
Erfahrungsgemäß erwischt man mich eher als manchen Handybesitzer.

Bei persönlichen Gesprächen empfinde ich Handys als Störung. Dauernd glotzen die Leute drauf. Hallo, hier ist euer Gesprächspartner, vor euch! Dank meiner Handy-Abstinenz kann ich mich auf mein Gegenüber konzentrieren. Und im Kino kann ich auch nicht vergessen es auszuschalten. Das Leben empfinde ich ohne Handy als unkomplizierter. Probleme, die auftreten, löse ich vor Ort mit Hilfe meines Gehirns. Ich kann einen papiernen Stadtplan lesen. Wenn ihr mal jemanden mit einer Landkarte auf Papier rumrennen seht, das könnte gut ich sein. Und ich erreiche mit dieser altertümlichen Methode sicher mein Ziel! Unfaßbar!

Interessant sind immer diese mitleidigen Blicke, wenn ich Leute neu kennenlerne, etwa in einer Bar und man Nummern austauschen will. "Wie - Du hast kein Handy? Wie sollen wir denn dann Nummern austauschen?"
Naja, ich fröne da einer alten Tradition: Stift vom Barkeeper erschnorren und nen Bierdeckel verunzieren! Oder ähnliches. Ich habe keine Nummern eingespeichert, sondern ein Telefonbuch. So richtig mit Papier-Seiten! Echt praktisch. Vor allem auch ohne Akku verwendtbar. Man muß dran denken es dabei zu haben. Aber das hat man beim Handy ja auch.

Uhrzeit? Kein Problem! Ich habe ein Accessoire namens Armbanduhr. Finde ich schicker als ein bläulich glimmernder Handy-Display. Es ziert den Mann von Welt und den Piraten von See.
Besonders bemerkbar macht sich Handy-losigkeit dann wenns um Verabredungen geht. Mir geht heutzutage diese Tendenz der Leute von wegen "Ruf mich dann nochmal aufm Handy an wenn Du Dich aufn Weg machst!" auf den Senkel. Immer wieder beobachte ich, daß die Menschen um mich herum kaum noch in der Lage sind, einen Termin fest zu vereinbaren. Ich mache das sehr altmodisch. Ort und Zeit und ich werde da sein. Wenn ich versetzt werde, merke ich das schon. Meine Standardwartezeit ist ne Stunde. Bei kurzen Wegen ist das halb so wild, bei langen Weg hätte es sich sowieso nicht gelohnt, wenn man mir via Handy am Treffpunkt bescheid gesagt hätte. Absagen finde ich sollten grundsätzlich rechtzeitig vorher erfolgen. Und Anrufe von wegen "Ich hab mich verspätet, bin in 10 Minuten da" sind recht...naja, sie helfen eigentlich wenig. Das sich jemand verspätet hat - seh ich selbst. Und ist er früher da, wenn er mir das mitteilt das er in 10 Minuten da ist? Kaum. Das seh ich ja dann. Spätestens nach ner Stunde mach ich eh die Flatter.

Termine notier ich mir auf Zettel oder in den Kalender...also den an der Wand. Oder ich merke sie mir so. Erst heute erlebte ich, daß ich damit sehr gut fahre. Ein sehr sehr guter Freund hatte Geburtstag und ich hatte dran gedacht (oh Wunder!). Ein anderer Kumpel mit Smartphone hatte sich darin diesen Geburtstag mit Erinnerung abgespeichert. Es nicht näher bekannten Gründen vergaß er ihn trotzdem.
Ich bin mit meinem Hirn als Quelle meines "Smart" da doch sehr zufrieden.

Und was sonstige Notfälle angeht...ein Notfall indem ich zum Schluß komme, ich könnte jetzt ein Handy gebrauchen, ist meist etwas, wo mir das auch nicht mehr helfen würde - ich bin ausgeknockt, der 3. Weltkrieg ist ausgebrochen oder derartiges. Alles sonstige kann ich wunderbar allein regeln.

So gehe ich also durchs Leben, im Bewußtsein, daß ich auch mal nicht für alle erreichbar bin, was aber ganz gut so ist. Das hat vor Erfindung des Handys super geklappt und tuts jetzt auch. Ich spare Geld für wichtigeres (Rum) und hab meine Ruhe vor dem Ding. Ich hab Zeit für wichtigere Dinge während einer Bahnfahrt. Etwa lesen. Oder den geilen Arsch der scharfen Studentin drei Meter vor mir begutachten. Jegliche Fernkommunikation erledige ich zuhause und das reicht vollauf.
Ehrlich gesagt kann ich mir grad keine Funktion eines Handys denken, die ich vermisse. Ich muß mich nicht mit kaputten Akkus, Funklöchern oder abgelaufenen Prepaidkarten rumschlagen. Sehr erholsam.

Ich weiß, ich bin eine seltsame Randgruppe. Ohne irgendein Bedürfnis, das ein Handy bedienen könnte. Meine Bedürfnisse sind anders gelagert. Mein Bedürfnis gilt mehr der direkten Gesellschaft seitens anderer Menschen. Die kann mir kein Handy geben.

Der oben erwähnte sehr sehr gute Kumpel hat nebenbei ein sehr drolliges Wort für Handys: Ersatzehefrau/-mann.
Jaja ;)

Mit klingeltonlosen Grüßen,
euer Pirat

Mittwoch, 4. Mai 2011

Was wollt ihr denn?

Nein, keine Gummibären.

Es ist unfaßlich. Da blickt man so nichtsahnend auf seine Statistiken und stellt fest, daß man schon 98 Beiträge geschrieben hat, 98 durchzechte Nächte in der Taverne wenn man so will. Wir hatten einen fiktiven Wildschweinkrieg, machten uns über die deutsche Regierung lustig, haben versucht die Revolution in Ägypten zu unterstützen, haben die Welt um Kochrezepte bereichert, ich outete mich als Biffist, Klein Asmo fand einen Job, die Taverne dafür immer noch keine Animierdame, es gab Nachrufe auf Loki Schmidt und Morts Fernseher. Menschenskinner, was für aufwühlende 98 Beiträge.

Und nun in Beitrag 99 wüßte ich gern: Was wünscht sich meine Leserschaft im Beitrag Nummero 100?
Ihr habt bis Montag Zeit Wünsche zu äußern. Der häufigste oder coolste wird von mir umgesetzt. Wünsche am besten per Kommentar.
Wer den Mund hält läuft Gefahr, das ich mir selbst mal wieder ein Thema schnappe. Aber denkt dran: So bald kriegt ihr nicht wieder die Möglichkeit das mit Wünschen zu beeinflußen *G*

Yoho, euer Pirat

Montag, 2. Mai 2011

Warum man sich nicht über Bin Ladens Tot freuen sollte

Eins vorweg: Wer immer hier Anhänger von irgendwelchen Verschwörungstheorien ist, daß Bin Laden nur eine Erfindung war, daß er nicht verantwortlich für den 11. September war und nicht die Qaida gegründet hat etc....ach, klickt weiter oder schlürft eure Drinks. Der Rest hier wird für euch so furchtbar langweilig sein. Von mir habt ihr keine Zustimmung zu erwarten. Ich bin schon vor langer Zeit zum Schluß gekommen, das ich mein Gehirn lieber weiter benutze. Danke.

So, nun aber zum Thema...schon gehört? Osama bin Laden ist tot. Erschossen im Feuergefecht mit einem US-Special Forces Kommando aus Navy Seals. Erstmal: Glückwunsch an den Schützen! Haben die Amis tatsächlich mal was hingekriegt. Hat ja nur fast 10 Jahre gedauert. In New York wird jetzt gefeiert. Kann ich verstehen.

ABER: Es gibt doch einige Gründe, sich nicht zu sehr über diesen Tod zu freuen. Denn wichtige Fragen werden damit unbeantwortet bleiben - was dem Normalbürger vielleicht egal ist, den Juristen und Historikern aber nicht unbedingt.
Ein lebender Osama bin Laden hätte einige Frage zu den letzten Jahren beantworten können. Z.B. aus dem Innenleben der Qaida (so er denn gewollt hätte). Welche Anschläge gingen wirklich originär auf ihn zurück, welche mehr auf Sympathisanten und untere Knallchargen? Wo trieb er sich in all den Jahren rum? Wirklich zeitweise in den Stammesgebieten in Höhlen oder schon immer in dieser größeren Vorstadt von Islamabad? Wenn letzteres - wieviel Hilfe hatte er von der pakistanischen Regierung? Es ist schwer zu glauben, daß der ISI - der pakistanische Geheimdienst - nix gewußt haben soll. Es ist ein ganzes Bündel an miteinander verwobenen Fragen, die künftig damit wohl niemals endgültig aufgeschlüsselt werden können (außer man erwischt Sawahiri, Bin Ladens Stellvertreter, lebend oder Bin Laden hat irgendwo eine Autobiographie versteckt oder die Amis haben sich vertan).
Andere Fragen sind sehr konkret und werden uns von der Zukunft beantwortet werden:
Wie wird die Qaida reagieren? Mehr Anschläge wieder? Oder wird sie stärker geschwächt sein? Oder versucht sie erneut einen Bürgerkrieg in Pakistan anzufachen? Dieser war in den letzten Monaten erst wieder etwas abgeflaut, aber nun...die Islamisten werden sich fragen, wie es möglich war, daß US-Soldaten auf pakistanischem Boden so handeln konnten. Sie werden zum Schluß kommen, daß die eigene Regierung es entweder erlaubt hat oder unfähig ist es zu verhindern. Mehr Munition um eine von der Regierung enttäuschte, antiamerikanisch eingestellte Bevölkerung aufzustacheln braucht man eigentlich nicht.

Und ein Bürgerkrieg in Pakistan mit seinen Atomwaffen bleibt ein Schreckensszenario.

Die direkte operative Bedeutung dieses US-Erfolgs ist wohl eher überschaubar. Die propagandistische schon größer. Die Botschaft: Auch wenn sich jemand für seine Verbrechen 10 Jahre lang versteckt, wir erwischen ihn.
Gerechtigkeit? Nun ja, wie man es sieht. Viele hätten sich einen Gerichtsprozeß gegen Bin Laden gewünscht. Ob das die Sache besser gemacht hätte...naja, es hätte vielleicht mehr Fragen von oben beantwortet. Andere argumentieren, Bin Laden wäre ja quasi Kombattant gewesen....auch das ist völkerrechtlich nicht ganz zweifelsfrei. Aber vielleicht sollte man es so sehen: Bin Laden durfte - nicht aus Gründen der Sache, sondern auch aus eigenem Anspruch - lieber im Gefecht gefallen sein als auf der Giftspritzenpritsche zu verrecken. Was ich selber nachvollziehen kann. So gesehen, ist seine Erschießung bei der Kommandoaktion vielleicht das letzte "Geschenk" seitens seiner Feinde gewesen.
Aber Gerechtigkeit in dem Sinne...manche New Yorker werden es so empfinden. Es ist wohl so gerecht und ungerecht wie das meiste im Leben...irgendwo dazwischen. Allgemein finde ich, sollte man sich nicht über den Tod eines Menschen freuen, so verständlich mangelndes Bedauern sein kann.

In einem bin ich mir sicher. Es wird reichlich Leute geben, die Bin Ladens Tod nicht wahrhaben wollen werden...zugegeben, wer weiß ob es nicht am Ende doch ein Irrtum war...aber gehen wir mal davon aus, daß es stimmt. Dann wird Bin Laden der neue Elvis werden. In der Tat kenn ich da einen aus der Kölner U-Bahn, der genau so aussieht...also wie Bin Laden. Nicht wie Elvis. Denn Elvis ist tot.